von Yasemin Rittgerott
So, hier bin
ich. Ashley. Ich gehöre zu den coolsten Mädchen der Schule, habe den
bestaussehensten Typen zum Freund und die ganze Schule blickt zu mir auf. Mit
meinen Freunden ziehe ich die verrücktesten Dinge durch. Kein Lehrer oder
Mitschüler ist vor unseren Aktionen sicher. Und dank der Selbstverständlichkeit
mit der wir sie tun, kommen wir auch immer, wirklich immer, damit durch. Von
frechen Sprüchen über miese Streiche bis zu Mobbing war alles dabei.
Eine Party
zu der ich nicht komme, war keine richtige Party, und eine Party zu der ich
komme, wird zur Legende. Jeder Typ der Schule wäre gern mein Freund, oder würde
zumindest gern mal meine Brüste anfassen. Das kann ich ihnen auch nicht
verübeln. Meine Brüste mag ich auch an mir. Aber das ist dann auch schon alles.
Meine Beine sind zwar lang, aber formen etwas ein O. Mein Gesicht ist ok, aber
nicht besonders. Meine Haare sind lang und blond, aber nicht echt. Und was
bringt mir all die Aufmerksamkeit der ganzen Schule, wenn meine Noten davon
nicht besser werden. Mit meinen kurzen Röcken kann ich zwar ab und zu den ein oder
anderen jungen Lehrer in Verlegenheit bringen, aber das hält sie meist nicht
davon ab mir Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten kann.
Doch dann
kam der Moment der mir alles vor Augen führte. Seitdem ich all das so deutlich
wie nie zuvor sehe. Seit diesem Morgen nach einer besonders hart durchfeierten
Nacht, an dem ich in einem mir ziemlich bekannten Vorgarten mit einem mir
ebenfalls sehr bekannten Gesicht über mir erwachte. Ich war bei meinem
Sandkastenfreund Mike gelandet. Die feuchte Kälte, die vom Rasen in meinem
Rücken ausging, ließ mich am ganzen Körper zittern, aber noch stärker spürte
ich, wie er mich durchdringend an mit seinen eisblauen Augen ansah: „Manchmal
denke ich, du bist nicht mehr du. Aber ich kann dich noch sehen.“ Wie von der Tarantel
gestochen sprang ich auf zischte ihm: „Gar nichts weißt du über mich!“ ins
Gesicht und legte einen Sprint bis um die nächste Straßenecke hin. Von dort
lief ich mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf die paar Straßen bis zu mir
nach Hause. Mit jedem Schritt wurde mir dabei bewusster, was Mike mit dem, was
er zuvor gesagt hatte, gemeint hatte. Früher war ich so anders. Ich sah nur das
Gute in der Welt und hatte so viele wundersame Pläne für meine Zukunft. Ich
wollte Reisen und dabei jedem Menschen auf meinem Weg ein Lächeln schenken.
Heute konnten sich die Leute, die von mir mit einem Lächeln beglückt wurden,
glücklich schätzen. Ich hielt mich für was Besseres. Dabei war ich früher so
davon überzeugt, dass alle Menschen gleich seien. „Aber ich sehe dich noch“,
hallten Mikes Worte in meinem Kopf nach. Er hatte Recht, ich konnte mich auch
noch sehen. Ich hatte nicht vergessen, was mich an all diesen Ideen, damals so
begeistert hatte. Und doch hatte ich einen anderen Weg eingeschlagen. Einen
Weg, der mir plötzlich so primitiv und ziellos vorkam. Was wollte ich damit
erreichen. Als ich zu Hause ankam, sperrte ich mich für den Rest des
Wochenendes in mein Zimmer ein und schaltete mein Handy aus. Am Montag in der
Schule erzählte ich meinen Freunden, dass ich das ganze Wochenende krank im
Bett gelegen hätte und nicht mal in der Lage war, die aktuellsten Folgen der besten
Reality-TV-Sendung zu schauen. Aber die Gedanken lassen mich nicht los. Die
Zweifel an dem, was ich dachte zu sein und an dem, was ich einmal sein wollte,
halten mich fest und lassen mich bis tief in die Nacht die Decke anstarren.
Meine Fäuste sind geballt: „Was ist nur aus mir geworden?“
von Tassia Weimann
Es tut mir leid,
dass ich nicht so bin wie manche mich haben wollen.
“Sei nicht
so pessimistisch, sei nicht so nachdenklich, sei doch mal ernster, sei nicht so
laut, nerv nicht so, sei nicht so ein Moralapostel & gib keine Widerworte.“
Irgendwann
sieht man nicht mehr, wer man wirklich ist. Man sieht nur noch die scheinbaren
Fehler. „Färb dir deine Haare nicht so, deine Kleidung ist schrecklich“ Ist es
das was einen nachdenken lässt? Ist man doch nicht so selbstbewusst &
abgehärtet, wie man gerne wäre?
Und es ist
immer leicht gesagt, dass ich mir das alles nicht zu Herzen nehmen sollte. Aber
jeder stellt Erwartungen an dich und oft enttäuschst du. Dich und die Anderen.
Du bringst den Müll nicht raus, obwohl du es gesagt hast. Oder vergisst den
Geburtstag eines guten Freundes. Oder du sagst deine Meinung einer Freundin
mitten ins Gesicht, auch wenn ihr das wehtun wird. Und danach denkt man darüber
nach, ob das alles so richtig war. Weil man immer etwas besser machen, sein
oder auch etwas Besseres haben kann. Und manchmal macht einem das Sorgen und
ein anderes Mal kann man darüberstehen. Dann kann man akzeptieren, dass man
leider nicht immer perfekt ist. Aber das ist okay. Liebe muss wachsen - ich
werde an meiner Liebe zu mir arbeiten.
Keine Kommentare
Kommentar veröffentlichen