Mittwoch, 30. Oktober 2013

Printseite Oktober 2013 / Begegnungen

von Jonas Gadomska

Stille. In meinem Kopf herrscht Hochbetrieb. Unzählige Fragen, auf die ich versuche eine Antwort zu finden, knallen mir gegen den Kopf. Warum? Warum hier? Warum heute? Warum jetzt? Die mich eben noch nervende, ohrenbetäubende Lautstärke des Konzertes und die stickige Luft werden nebensächlich. Sie ist hier. Meine Englischlehrerin. Zu allem Überfluss findet mein Bruder, der meinem panischen Blick gefolgt ist, es lustig ihr zu zuwinken. Ich ramme ihm meinen Ellenbogen in die Seite, da ich einen bösen Blick erwarte, den sie mir im Unterricht alltäglich zu wirft. Sie winkt!? Winken? Was soll das? Diese und weitere Fragen ließen mir auch nach dem Konzert keine Ruhe, genauso wie die Tatsache, dass ich sie morgen in der ersten Stunde haben würde. Nach einer quälend langen Nacht ohne Schlaf, kam ich verspätet und schlaftrunken an meinem Klassenraum an. Ich klopfte etwas zögerlich und öffne die Tür. Vor mir steht eine, nicht wie erwartet schlechtgelaunt guckende Frau, im Gegenteil! Mit einem netten Lächeln deutet sie nickend, ohne auf eine Entschuldigung, auf meinen Platz. Obwohl die Englischstunde sehr langweilig und ich kurz vor dem Einschlafen war, ging sie ausgesprochen schnell um. „Na Jonas, wurde gestern spät oder? '', höre ich eine Stimme von hinten und drehe mich um. Sie sieht genauso aus wie sonst, dennoch bemerke ich, dass irgendwas anders an ihr ist. Ja, ihre Augen strahlen vor Freunde und sie lächelt mich an. Sie ist anders und doch gleich. Noch heute denke ich über diese gewöhnliche und gleichzeitig ungewöhnliche Begegnung nach, die meine Einstellung zu anderen Menschen verbesserte. Außerdem kann ich mir immer noch nicht erklären, warum sie auf einmal so freundlich ist. Durch diese Begegnung veränderte sich, wie durch ein Wunder, die Beziehung zu meiner damaligen Englischlehrerin, die nun meine Klassenlehrerin ist.

von Yasemin Rittgerott

„Denn es geht um Begegnungen / es hängt damit zusammen wen du irgendwann triffst“ singen Nosliw und NattyFlo in ihrem Song „Begegnungen“.
Ich treffe Julia, nachdem ich ca. 5 Tage in dieser neuen Stadt wohne. In diesem folgenden Wochenende, bekomme ich zu spüren, wovon die beiden da singen.
Julia und ich gehen mit ihrer Mitbewohnerin und Freunden von ihr in der Mensa essen, abends dann feiern, da treffe ich dann Charlotta und Celina, heute bin ich fast schon das 5. Mitglied in ihrer 4er Mädels-WG.
Ich war von Anfang an zuversichtlich. Und das zu Recht! Denn man muss nur eine neue Person treffen, die dann einen kennt, der dann eine kennt, die dann wieder wen anderes kennt usw. Plötzlich kennt man all diese Menschen, die vor kurzem noch Fremde waren, schon ziemlich gut und man beginnt eine gemeinsame Routine zu entwickeln. Wer hat wann mit wem zusammen eine Vorlesung. Mit wem kann man wann gemeinsam in die Mensa gehen.
„So was passiert wenn sich Wege kreuzen / ein jeder kennt das bei seinen Freunden /  dieses Gefühl wenn die Vibes so nice sind das ist nicht selbstverständlich“. Und die Stimmung zwischen uns ist wirklich so nice! In dieser wirklich kurzen Zeit hat sich aus uns, die wir alle alleine dastanden ein neuer Freundeskreis entwickelt. Für jede von uns hat eine erste nette Begegnung zu allem weiteren geführt. Etwas, das ich jetzt schon nicht mehr missen möchte.
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Mittwoch, 16. Oktober 2013

Printausgabe Oktober 2013 / Makel(los)

von Tassia Weimann

"Mit jedem deiner Fehler lieb ich dich mehr", singt Philipp Poisel in seinem Ohr und irgendwie fühlt er sich unwohl in seiner Haut. Nicht nur, weil er Philipp Poisel hört. Nein, irgendwie kann er das nicht glauben. Dass Fehler einen noch liebenswerter machen. Zu etwas Besonderem. Denn schließlich zielt doch alles auf Schönheit ab. Die Firmen, die Werbung, die Modelagenturen, das Fernsehen. Wenn Dieter Bohlen nach einer mäßigen Gesangseinlage lobt: "Sie sieht super aus - Sie hat das Zeug zum Superstar!", dann fragt er sich wirklich, ob es nicht doch unsere Makel sind, die uns ausscheiden lassen. Die uns nicht in die Hollistermodelkartei lassen oder jede andere Chance mildern. Wie die Chancen der Frauen bei einem seiner Kumpel, der selbst Freunde nach Schönheit sortiert. "Sie ist nicht so hübsch, aber ihre Freundinnen sind heiß! Da geh ich hin!" Na danke, denkt er auch dann, aber schweigt. Ihm gefällt seine Nase nicht und seine ebenfalls schiefen Zähne. Und dunklere Haare wären auch besser. Aber eigentlich wäre es nur besser wäre ihm all das endlich egal. Würde er einfach auf seine wirklichen Freunde hören, die ihm auf die Schulter klopfen und ihn nicht wegen Philipp Poisel aufziehen. Die mit ihm über diese aufgesetzten Mädchen herziehen, die mit ihrem "ach so perfekten" Aussehen plus ampelroten Lippenstift um Aufmerksamkeit buhlen. Die wahrscheinlich sagen würden, er sei nicht hübsch. Durchschnittlich, aber nicht hübsch. Nichts mit dem sie dich abfinden würden. Und sein erster Gedanke ist: "Verdammt macht dich dein Charakter hässlich". Denn eigentlich sollten wir verdammt klischeehaft sagen: Das Innere zählt. Denn das tut es. Selbst wenn er perfekt aussehen würde, wären ihm diese Mädchen mit ihrer Oberflächlichkeit zuwider. Und er möchte eh kein Superstar werden. Sein einziger Fehler bleibt: Er denkt zu viel. Und der einzige Gedanke, der ihm nicht in den Sinn kommt ist, dass ihn das verdammt liebenswert macht.

von Yasemin Rittgerott

Sie bedecken deine Haut, als hätte ein kleines Kind beim Malen nicht richtig aufgepasst und überall Farbe herumgespritzt. Es sind tausende und scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Wenn ich dich ansehe, fühle ich mich als würde ich den dunklen Nachthimmel betrachten von dem die Sterne hinableuchten und mit ihrem Licht ihre ganz eigenen Geschichten auf die Erde senden. Genauso strahlen mir auch diese orangenen Tupfer von deiner blassen Haut entgegen. In ihnen sehe ich Bilder, die sich aneinanderreihen und mit meiner Fantasie von so einigen Abenteuern erzählen.
Schon oft habe ich angefangen sie zu zählen und dabei versucht, jeder einzelnen einen Kuss aufzudrücken, aber das hat dich gekitzelt. Aber eigentlich ist es weniger das Gekitzle, was dich stört.
Du magst es überhaupt nicht, wenn ich deinen Sommersprossen so viel Aufmerksamkeit schenke. Einmal hast du mir erzählt, wie du als Kind versucht hast, sie dir von der Haut zu radieren. Mit den Jahren hast du gelernt, sie zu akzeptieren. Aber wie gesagt, so richtig gern hast du sie immer noch nicht. Dabei lassen sie dich so zuckersüß aussehen, wie sie sich zu kleinen Horden zusammenfinden, zum Beispiel um deine Nase oder auf deinen Knien.
Deine Sommersprossen lassen dich lebendig wirken, selbst wenn du mit geschlossenen Augen einfach nur daliegst. Auf deiner Haut geht die Party. Von glattgebügelt keine Spur. Sie machen dich einzigartig.
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