Mittwoch, 19. August 2015

Printseite August 2015 / Szenen einer Reise


von Tassia Weimann

Wir stehen am Flughafen. Nach 5 Monaten der Sehnsucht liegen 14 Tage der Zweisamkeit vor uns. Der Rucksack liegt jetzt schon schwer auf meinen Schultern, aber noch fühle ich mich federleicht. / Edinburgh ist wunderschön. Unser Blick wandert zum Castle hinauf und wir freuen uns auf die Tage. / Ich versuche mir meine Angst im Park schlafen zu müssen nicht anzumerken. Zwei Hostels haben uns bereits abgewiesen. Gott sei Dank ist die Hostel-Dichte in Edinburgh ziemlich hoch. Man sagt uns, dass man uns ein paar Häuser weiter vielleicht helfen könnte. Und so ist es. Das teuerste Hostel unserer Reise, aber durch die relativ neue, zwar spartanische aber saubere Einrichtung auch eines der schöneren Übernachtungsmöglichkeiten. / In Aberdeen müssen wir das erste Mal in getrennten Zimmern schlafen. Der Ärger darüber, verfliegt aber mit der zunehmenden Müdigkeit und der lieben Frau an der Rezeption, die mich fürsorglich "Darling" nennt. / Inverness bietet uns hingegen das schimmligste Hostel unserer Reise. Ich sage mir, dass ich noch jung bin und mit solchen Unannehmlichkeiten klarkommen muss. Und die ewige Suche nach Hostels tut ihr Übriges dazu bei. Wir ziehen einfach vom Bett an den schimmligen Fenstern zum gegenüberliegen Bett. Wird schon werden. / Am nächsten Tag werden die schweren Rucksäcke auf den Rücken geschnallt. Die Wanderung zum Loch Ness kann beginnen. Mir kommen die wenigen Kilometer wie eine Weltumrundung vor. Immer wieder müssen wir eine kleine Pause für meine schmerzenden Schultern einlegen. Währenddessen machst du es anderen Touristen gleich und schnitzt unsere Initialen in einen Baum. Das Kitschigste, was wir jemals getan haben.  Ich muss tief in mich hinein lächeln. /Wir genießen die Ruhe am Loch Ness. Sitzen im Zelt, kochen uns Nudeln mit Ketchup und hören Hörbuch. Das Wasser im Fluss, der in den Loch Ness mündet, ist eiskalt. Die Touristen auf den Schiffen winken uns freudig zu, während wir fürchten, dass uns Körperteile abfrieren. / Wir brechen auf und müssen zwei Kilometer weiter in einem kleinen Restaurant haltmachen. Dort gibt es die besten Ofenkartoffeln der Welt. Vor allem wenn man sich die letzten Tage ausschließlich von Nudeln mit Ketchup ernährt hat. / Wir reisten weiter. Perth, Pitlochry, Glasgow und schließlich wieder Edinburgh. Die einzelnen Tage sind verblasst, aber die Erinnerung an unsere erste gemeinsame Reise bleibt. Und die Erkenntnis, dass man mittlerweile zu alt für schimmlige Hostels und eine Nacht am Flughafen ist.

von Yasemin Rittgerott

Sie hebt das letzte Mal ihre Hand, winkt und dann schließt sich die Bustür. Ihre Freundin ist weg. Ein flaues Gefühl macht sich in ihrem Magen breit, das jedoch ziemlich schnell von der Frage „Wie komme ich jetzt zum Hostel?“ verdrängt wird. Nach einer Woche gemeinsam durch Südwestengland reisen, ist sie jetzt auf sich allein gestellt. Der Weg führt sie entlang eines kleinen Flusses, die Sonne steht tief und taucht die Landschaft in ein wundervolles Licht. Schweigend geht sie weiter und lässt die Szenerie auf sich wirken.
Die zweite Woche ihrer Tour ist sie nun also allein unterwegs. Die wunderschöne Landschaft Cornwalls, lange Busfahrten und einsame Nächte in Hostelschlafsälen prägen die Tage. Immer wieder würde sie gerne auf alles Tolle zeigen, was sie sieht und rufen „Schau mal da!“, wie bei den Fischern an Newquays Küste, aber sie bleibt stumm. Die paar Menschen mit denen sie Kontakt hat sind Busfahrer, die sie fragen wohin sie mit ihrem großen Rucksack unterwegs ist, Rezeptionisten, Kassierer und selten mal Leute, die ihren Weg auf anderer Weise kreuzen. Die letzten zwei Tage verbringt sie bei einem Freund in London. Es ist befreiend. Endlich wieder gemeinsam essen gehen, Cider trinken und lachen.
Alleine reisen? Sie hat es geschafft. Mehr jedoch nicht. Es war oft sehr einsam und eins steht bereits jetzt schon fest: Fürs nächste Mal würde sie sich einen Weggefährten suchen - für die gesamte Reisezeit.
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