Mittwoch, 28. Dezember 2016

Printseite Dezember 2016 / Jahresrückblick 2016


von Yasemin Rittgerott 

eins / Bye, bye Deutschland / hello again, England / zwei, drei, vier, fünf / Worte, Themen, Hausarbeiten verschwimmen zu einer großen Masse / Tod / ein Berg an Arbeit / die Tastatur klackert die ganze Nacht / magische Momente am Meer / sechs / wenn die Einsamkeit am Herzen nagt / London / Brexit / strahlendes Wiedersehen / sieben, acht, neun / tanz mit mir im Zauberwald / schwitzige Sturzbäche in meinem Rücken / alles wird weit / Sonne / Musik / Menschenmassen / lernen für die Uni / zehn, elf / lernen fürs Leben / einander in die Arme fallen / in tiefe Löcher fallen / ‘ich hätte nie gedacht das irgendwem mal irgendwann nichts reicht’ / Schockstarre / ein Abschied / wild world / zwölf / von vielem zu viel / von vielem zu wenig / heisskalt / lauwarm / nicht aufgeben / Hoffnung.

von Lara Konrad 

Enden gehören zum Leben dazu. Die Schule endet, die Kindheit endet, das Studium endet; Jahre enden. An solch einem Ende dreht man sich noch einmal um und schaut zurück auf das Vergangene, vielleicht melancholisch, vielleicht auch froh, dass es endlich vorbei ist. Wenn ich an 2016 denke, kommen mir immer mehr Einzelheiten in den Sinn, Tage am Strand, Besuche bei meiner Familie, durchgemachte Nächte. Und all das, all die Erlebnisse und Gefühle und Gedanken verschmelzen zu einem Brei, verbinden und vermischen sich. Im Rückblick wirkt all das gar nicht so groß, gar nicht so lang, das Jahr scheint eben erst begonnen zu haben. Meine Gefühle, die ich im Laufe dieses Jahres hatte - Wut und Enttäuschung angesichts all der politischen Ereignisse, Glück über Urlaube mit Freunden und Familie - scheinen im Rückblick gar nicht so stark, die Zeit scheint sie zu dämpfen; meine Erlebnisse werden in meiner Erinnerung dafür umso schöner. Es ist ein wenig, als würde ich auf eine andere Person schauen, die dort gehandelt und gedacht und erlebt hat, eine Person, die mir vage bekannt vorkommt, aber die ich doch nicht mehr bin. Allerdings habe ich auch nach diesem Jahr immer noch keine Ahnung, wer ich bin; ich werde nächstes Jahr einfach weitersuchen, in anderen Ecken, auf andere Weise. Und irgendwann wird auch diese Suche enden.

von Jonas Gadomska 

Erst David Bowie, dann Alan Rickman. Der Januar 2016 fing vergleichsweise düster an und sollte nicht nur für mich ein Vorbote für ein etwas anderes Jahr sein. Obwohl die Schule relativ gut lief und der Fußball stätig rollte, fühlte ich schon, dass dieses Jahr etwas anders sein würde. Neue Freunde, eine neue Umgebung und die Fahrschule - alles um noch erwachsener zu werden. Auch wenn meine Kindheitshelden starben, dachte ich dennoch an einen Freiraum für andere. Wie zum Beispiel für einen neuen Präsidenten. Sehr von der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl fasziniert, versuchte ich also alles in den Medien zu verfolgen, was damit zu tun hatte. Nach einiger Zeit verlor ich aber das Interesse und widmete mich anderen, wichtigeren Dingen. Natürlich weiß nun jeder, dass Donald Trump mehrheitlich gewählt wurde und dass das US-amerikanischen Volk, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr, vollkommen gespalten ist. 2016. War Donald Trump wirklich das Wichtigste? Harambe. Dabs. Memes. Postfaktisch. 2016 war für mich viel mehr als nur digital. Und manchmal sind gerade die ungesagten Dinge und stillen Momente das, was mein Jahr ausmacht.

von Tassia Weimann 

Rauch / der Ire grinst, weil er noch nie so viele Silvesterraketen gesehen hat / Tränen, als ich höre, dass du Krebs hast / so viel Liebe und Gemeinschaft nach dem Examen / Wir schlafen mittags zu dritt auf dem Sofa ein / tiefe Freundschaft / Trump / Überall so viel Hass / Überrascht von so viel Interesse für unser Hobby / Indianer beginnt nochmal von vorne / Chorklänge in meinem Ohr / Freude.
So zeichnet sich mein Jahr vor meinem inneren Auge ab. Alles gesagt und so viel verschwiegen. All die Jahre waren immer gut, keine größeren Steine auf dem Weg. 2016 kam mir wie ein Berg vor. Mit vielen kleinen Stürzen und doch komme ich am Ende an. Kann mich in die Arme meiner Liebsten fallen lassen und das Jahr vorbeiziehen sehen. Kann wieder freudig 2017 mit Wunderkerzen in die Silvesternacht schreiben. Darf in die funkelnden Augen meiner Freunde blicken und ihnen “Frohes neues Jahr!” ins Ohr hauchen, während ich sie an mich drücke. Dabei schwingt das Wissen mit, dass ich mich bei jeder Wanderung auf sie stützen kann, wenn ich drohe zu fallen. Und die Hoffnung, dass das nächste Jahr nur ein paar Hügel mit sich bringen wird.

von Niklas Stuhr 

Langweilig war 2016 nun wirklich nicht. Ein neuer US-Präsident, verstorbene Musiker und Krieg in Syrien. Der Morgen des 09. November fühlte sich für mich nach Rückschritt an. Obwohl das Ergebnis unglaublich war, fand ich es wenig überraschend. Es war für mich die Konsequenz daraus, was passiert, wenn ein Wahlkampf mehr Entertainment als Politik ist. Die Konsequenz daraus, wenn beide Seiten nicht mehr miteinander diskutieren. Statt Debatten hagelte es Beleidigungen für die jeweils andere Seite. Doch wann wurde schon mal jemand durch Beleidigung eines Besseren belehrt? Genauso, wie ich hoffe, dass Trump ein warnendes Beispiel für die Bundestagswahl 2017 sein kann, hoffe ich, dass uns das kommende Jahr nicht wieder so viele talentierte Menschen nimmt. Ich dachte, es würde sich vielleicht nur so anfühlen, als wären dieses Jahr mehr prominente Menschen verstorben als sonst, doch nachdem ich ein paar Bildergalerien verglich war klar, dass 2016 im Vergleich zu 2015 wirklich sehr krude zu uns war. Ich muss zugeben, dass ich selten eine Sentimentalität bezüglich des vergangenen Jahres empfinde. Oft schaue ich einfach zurück und versuche mich zu erinnern, was überhaupt alles passiert ist und wie mich das als Person beeinflusst und vielleicht sogar verändert hat. Es macht glaube ich mehr Sinn zu schauen, wie sehr man in einem Jahr gewachsen ist, anstatt rückblickend Trauer und Wehmut bezüglich der negativen Ereignisse des Jahres zu empfinden. Für mich scheint dieser Prozess Teil der Selbstfindung zu sein.
SHARE:

Sonntag, 18. Dezember 2016

Dezember 2016 / Sound


von Elina Göhrmann

Bosse – Dein Hurra

„Du ziehst meiner scheiß Angst mit deinem Schwung die Ohren lang.“ Es ist charmant, es ist schelmisch – es ist komplett mein Lied. Hier wird alles Mögliche besungen: Angst, Freundschaft, Mut. Und meiner Meinung nach ist diese Melodie für jeden so individuell, dass das ganze Lied unbedingt mal entdeckt werden sollte.
Walking on cars – Speeding Car

Das kleine Wörtchen „wenn“ hat bestimmt schon jeden irgendwann einmal beschäftigt. Wenn ich das getan hätte, wenn ich das tun würde, wenn es anders gewesen wäre. Je häufiger ich das Lied gehört habe, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass es genau aus einem Gedankengang herausgeschrieben wurde, der mit diesem Wörtchen begann. „If I stand in front of a speeding car […]“

Unsere Sound-Playlist findet ihr bei spotify unter: Wortfluss Sound
SHARE:

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Dezember 2016 / Buchtipps


von Niklas Stuhr

„Angry White Men“ von Michael Kimmel
Der Soziologe Michael Kimmel analysiert in seinem Buch „Angry White Men“ die Bewegung derer, die sich „fremd in ihrem eigenen Land“ fühlen. Viele Männer aus der arbeitenden, weißen Mittelschicht der Vereinigten Staaten sind überzeugt, dass sie einen Anspruch auf etwas haben, was ihnen durch die zunehmende Emanzipation und Weltoffenheit verwehrt wird. Schuld an der eigenen Misere sind laut ihnen nicht sie selbst, sondern Frauen, illegale Einwanderer und korrupte Politiker. Um diese Leute und ihre zum großen Teil irrationalen Ängste zu verstehen, reiste Kimmel durch die USA und sprach mit den Männern, die sich das Amerika von vor 50 Jahren zurückwünschen. Das Buch und die Thematik sind aktueller denn je und liefern eine kleine Erklärung, wie es zur Wahl von Donald Trump kommen konnte oder auch warum rechte Parteien in den letzten Jahren so viel Zulauf hatten.

von Tassia Weimann

„Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“ von Jorge Bucay
Einkuscheln, ein paar Minuten zum Zuhören, anschließend über die kurze Geschichte nachdenken. All dies gelingt mit dem Buch von Jorge Bucay. Die Geschichten spielen mit den Ängsten und Problemen von Demian. Bucay vereinfacht Komplexes, indem er verschiedene Geschichten aus aller Welt erzählt. Von Märchen über Zen-Weisheiten bis zu selbst erfunden Geschichten ist alles dabei. Es ist kein Buch, dass man in einem durchliest. Eher etwas für jeden Tag - eine kurze Auszeit im Winter, um schöne, neue Sichtweisen kennenzulernen. Als Hörbuch sicherlich auch eine Empfehlung. Ansonsten aber auch wunderbar zum gegenseitigen Vorlesen.

von Elina Göhrmann

„Die Betrogene“ von Charlotte Link
Wie so oft schafft es Charlotte Link ihrem Buch „Die Betrogene“ mehrere Geschichten miteinander zu verknüpfen. Zum einen ist da die Polizistin Kate, deren Vater ermordet wurde und die verzweifelt versucht den Mörder zu fassen. Verdächtigt wird dabei der junge Mann Neil, der untertaucht und dessen Flucht immer schwieriger und heikler wird. Und während all dessen kommt eine Familie in ihrem Urlaub in gefährliche Bedrängnis. Das faszinierende an dem Buch ist, dass es zwar so viele Geschichten enthält, dabei aber jeder einzelne Charakter sorgfältig herausgearbeitet wurde. Man lacht, man bangt und man rätselt mit den Hauptpersonen mit, während sich Stück für Stück die Zusammenhänge erkennen lassen. Und wie bei den meisten Charlotte-Link-Büchern sitzt man am Ende erstaunt da, weil man das Ende einfach nicht hat kommen sehen.

von Lara Konrad

„Dienstags bei Morrie“ von Mitch Albom
Der Untertitel dieses Buches, "Die Lehre eines Lebens", bringt die Wirkung dieses Romans, der auf wahren Tatsachen beruht, überraschend gut auf den Punkt. Zum einen enthält das Buch die Lehre des Lebens von Morrie. Morrie war Professor an der Universität, doch verbringt seine Tage mittlerweile zu Hause, da er unter der unheilbaren Nervenkrankheit 'ALS' leidet. Jeden Dienstag besucht ihn sein ehemaliger Schüler und sie sprechen über Gott, die Welt, den Sinn des Lebens - kurz, Morrie gibt die Lehre seines Lebens an 14 Dienstagen an seinen ehemaligen Schützling weiter. Und dieser hat sie in diesem wunderbaren Buch aufgeschrieben, das einem zum Lachen bringt und zum Weinen; das man nicht mehr aus der Hand legen kann, obwohl man das manchmal muss, um über das Gelesene nachzudenken. Denn dieses Buch ist auch eine Lehre für unser Leben, indem es das Unmögliche schafft und beschreibt, worum es wirklich geht im Leben.

von Hannah Springer

„Echt“ von Christoph Scheuring
In „Echt" von Christoph Scheuring, geht es um die Geschichte von Albert, der Abschiede am Hamburger Hauptbahnhof fotografiert. Er will das Echte in den Tränen, Umarmungen und Blicken des Abschiedes festhalten. Eines Tages begegnet er Kati, die großes Interesse an einem seiner Bilder zeigt. Sie meint, es zeige keinen echten Moment - keinen wahren Abschied, sondern nur eine Lüge. Gemeinsam versuchen sie die Geschichte hinter dem Foto herauszufinden und zu klären, was es mit dem Bild auf sich hat. Dabei lernt er nicht nur sie, sondern auch ihre Freunde kennen, die so ganz anders als er, rund um den Bahnhof, leben. Sie wohnen zum größten Teil nicht mehr zuhause, klauen und dealen. Albert lässt sich auf Kati und ihre Freunde ein und erfährt mehr über die Geschichte hinter den Personen. Damit begibt er sich auf eine emotionale Suche, voller Verzweiflung und Glück, nach den wahren Umständen des Fotos.

von Yasemin Rittgerott

„Das Gleichgewicht der Welt“ von Rohinston Mistry
»Man muss ein feines Gleichgewicht zwischen Hoffnung und Verzweiflung einhalten.« Er hielt inne und dachte darüber nach, was er gerade gesagt hatte. »Ja«, wiederholte er, »letztendlich ist alles eine Frage des Gleichgewichts.« Ein Gleichgewicht, das Rohinton Mistry in seinem Buch ‘Das Gleichgewicht der Welt’ nur zu gut zu halten weiß. Die drei in Indien spielenden Geschichten, der Schneider Ishvar und Omprakash, der alleinstehenden Dina Dalal und des Studenten Maneck Kohlah sind auf so wunderbare Weise miteinander verbunden, dass sie einen auch noch lange Zeit in Gedanken begleiten.
SHARE:
© Wortfluss Peine
Blogger Designs by pipdig