von Tassia Weimann
In ihren
Gedanken treibt sie mit dem Rücken auf dem offenen Wasser. Um sie herum nichts
als Leere und Weite. Sie ist ruhig und fühlt sich selbst so seltsam ruhelos.
Schutzlos treibt sie immer weiter auf den Ozean hinaus. Gedanken rasen an ihr
vorbei, wie die Zugvögel am Himmel. Eigentlich fliegen sie alle direkt in ihr
Herz und füllen es bis es so schwer wird wie ein Stein, der sie auf den Grund
zieht.
Sie zieht
ihre Beine an ihren Oberkörper, als das Schluchzen ihren Körper vibrieren
lässt. Ihr Bettlacken fühlt sich verheult an. Es ist ihr egal. Alles in dieser
Welt ist ihr sowas von egal. In ihren Gedanken dreht sich alles nur um diesen
Moment. Dieser Moment, der ihr jetziges Leben einfach so beendet hat. So
wirklich versteht sie das noch nicht. Was hat er gesagt? Er liebt sie nicht
mehr. 5 Wörter, die so viel Tragweite haben. Er liebt sie nicht mehr. Immer und
immer wieder wiederholt sie diese Worte, als würde es irgendwas glaubwürdiger
machen. Wie kann er sie nicht mehr lieben, wenn sie doch voller Liebe für ihn
steckt? Wenn sie sich ihr Leben mit ihm ausgemalt hat? Mit den zwei Kindern und
dem Hund und dem Haus und wie er seine Autos zusammenschraubt, während sie am
Fenster sitzt und ihm beim Stricken dabei zusieht. Wie kann er sie nicht mehr
lieben, wenn er es doch vor ein paar Tagen noch bejaht hat. Wie können all die
Jahre jetzt vorbei sein. Wie kam es dazu, dass jetzt alles an Wert verliert.
Und sie
merkt, dass niemand ihr dafür eine Antwort geben kann. Er nicht, sie nicht,
niemand anderes auf der Welt. Sie steckt ihren Kopf weiter in das Kissen und
möchte einfach nur verschwinden. Menschen flüstern ihr zu, dass sich ein altes
Kapitel schließen muss, damit sich was Neues öffnet. Es ist ihr egal. Es ist
ihr sowas von egal.
von Elina Göhrmann
Ich konnte es kaum glauben, als der Kellner mich zum
reservierten Tisch führte. Ein rothaariger Mann lächelte mir entgegen – nichts
war von den braunen, gewellten Haaren zu sehen, die er auf seinem Profilfoto
bei ElitePartner zur Schau gestellt hatte. Überhaupt sah seine ganze
Erscheinung anders aus: markantes Kinn, tiefgrüne Augen und eine leichte
Stupsnase. Als Ralf aufstand, überrollte mich gleich die nächste Überraschung –
Aufgrund seiner Angabe, dass er 1,82 groß sei, hatte ich beherzt nach meinen
höchsten Schuhen gegriffen, nur um jetzt festzustellen, dass ich ihn damit um ungefähr
einen Kopf überragte. „Heißt er denn wenigstens Ralf?" schoss es mir durch
den Kopf, reichte ihm aber dennoch lächelnd die Hand. Vielleicht war er ja
einfach nur unsicher, was sein Äußeres anging und es würde dennoch ein
wunderschöner Abend werden. „Freut mich dich endlich persönlich zu kennen,
Miriam", begrüßte er mich und entblößte gerade, weiße Zähne. Ich nickte
nur und starrte weiterhin auf seine Haare. Wenn er es bemerkte umging er es
geschickt, indem er mich in ein Gespräch über unser gemeinsames Hobby, dem
Gärtnern, verwickelte. Den ganzen Abend über unterhielten wir uns angeregt, das
Essen verlief fantastisch, doch immerzu musste ich ihn mit dem Mann
vergleichen, den ich eigentlich erwartet hatte. Wenn er schon bei seiner
Haarfarbe log, spielte er mir dann auch nur vor, dass wir dieselben Interessen
hatten? War sein Charakter wirklich der, von dem ich gedacht hatte, ihn
wenigstens ansatzweise zu kennen? Wir verabschiedeten uns mit einem Wangenkuss
vor dem Restaurant. Während ich zu meiner Wohnung zurückfuhr, ließ ich den
Abend Revue passieren. Er war ein angenehmer Gesprächspartner gewesen und wir
hatten uns von Anfang an gut verstanden. Eigentlich sah er auch gar nicht so
schlecht aus. Dennoch störte mich der Gedanke an seine Schummelei. Was wäre
wohl gewesen, wenn ich ihn einfach per Zufall auf der Straße getroffen hätte?
War das vielleicht doch der bessere Weg? Am nächsten Morgen schwebte mein
Mauszeiger über dem „Profil löschen“-Button, doch ich klickte dann doch auf
Logout.