von Jonas Gadomska
Ein altes Gesicht grinst mich von der Seite an. Obwohl ich versuche
die Rentnerin zu ignorieren gelingt es mir nicht. Sie lächelt. „Na immer diese
Kinder mit ihren modernen Handtelefonen, nich", sagt sie und runzelt die
Stirn. „Ja haha, hallo", erwidere ich etwas verlegen. Ich habe es schon
immer gehasst, wenn man mich morgens an der Bushaltestelle ansprach. Als hätte
ich nicht genug damit zu kämpfen, wach zu bleiben. Sie dreht sich um und
entfernt sich mit ein paar Schritten von der Haltestelle. In der Hoffnung
ungestört weiterschreiben zu können, hole ich mein, in der Tasche versenktes,
Smartphone hervor. Sie dreht sich um und kommt zurück. Schnell packe ich es
wieder zurück in die Tasche. „Wie geht es Ihnen?", frage ich mit einem
Lächeln im Gesicht. Stille... Nein, Stille vor dem Sturm. Sie fängt an zu
erzählen. Schnell und undeutlich nuschelt sie meterlange Sätze. Ich nicke und
bejahe etwas überfordert das ein oder andere "nich?". Minuten
vergehen. Ich höre ihr zu und versuche das Gespräch möglichst kurz zu halten.
Der Bus kommt und ich deute auf ihn. Sie steht da und lächelt mich an. Auf einmal
umarmt sie mich und bedankt sich bei mir. Ich steige etwas verwirrt in den Bus
und winke ihr zum Abschied. Im Bus sitzend wird mir langsam klar, dass sie nur
jemanden zum Reden braucht. Ich freue mich, dass ich ihr helfen konnte.
von Tassia Weimann
Auf meinem Oberarm stapeln sich die Einkäufe, welche ich
versuche möglichst elegant und ohne Unfälle bis zum Bäcker zu transportieren.
Dort eher halbwegs grazil angekommen, stelle ich meinen Joghurt auf die Ablage,
um mich erstmal zu sortieren, während ich neben mir einen älteren Mann fluchen
höre. „Ich warte jetzt schon solange!“, schreit er der Frau hinter der Theke
entgegen, die bereits hektisch versucht alle Kunden unter einen Hut zu
bekommen. Ich schaue mir den älteren Mann mit Hut genauer an und verstehe
nicht, warum der Mann erst einmal als offensichtlicher Rentner keine fünf
Minuten Zeit hat und zudem der Frau noch mehr Stress bereiten muss. Als er
wütend schnaubend seine Bestellung abgibt und der Frau die Tüte vom Tresen reist,
bin ich an der Reihe. Ich strahle die Verkäuferin ermutigend an, während sie
noch verständnislos und sichtlich gestresst ihren Kopf schüttelt. Sie beschwert
sich noch leise über den alten Mann, um sich selbst etwas zu beruhigen. Als ich
meine Bestellung abgegeben habe, huscht sie mit einem „Einen Moment“ an der
Theke entlang. „Ich habe Zeit!“, sage ich ihr möglichst beruhigend und mit
einem Augenzwinkern. „Ach, wenn alle Kunden nur wie Sie wären! Dann wäre alles
viel schöner!“, sagt sie, als sie mir meine Tüte hinüberreicht. Leicht
überrascht von ihren lieben Worten, lächele ich sie noch breiter an. Ich
wünsche ihr noch einen schönen Tag und verlasse den Supermarkt. Noch Wochen
später freue ich mich über ihre herzlichen Worte, obwohl ich ihr doch nur den
Stress nehmen wollte. Und bin davon überzeugt, dass, wenn man anderen Menschen
versucht zu helfen, man bald etwas dafür zurückbekommt.
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