Printseite Mai 2016 / Sommer
von Jonas Gadomska
„Dieses verdammte Wetter!“, höre ich meine Oma aus der Küche
rufen. Ich hebe meinen Kopf aus dem Kissen und antworte: „Dann mach doch mal
eine Pause und lege dich auch mit auf's Sofa!“ Ich erwarte eigentlich gar keine
Antwort, weil wir diese Gespräche fast jeden Tag führen. Sicher wird sie mir
gleich sagen, dass sie keine Zeit für Trödeleien hat und dass ich lieber für
die nächsten Klausuren lernen sollte. Worauf ich dann wiederum antworten würde,
dass es mir lieber ist Langeweile zu haben und nichts machen zu müssen. Solche
Nachmittage enden eigentlich immer damit, dass sie über die „Jugend von heute“
schimpft und ich doch noch die Hausaufgaben mache. Aber heute? Immer noch keine
Antwort. „Oma? Bist du noch da?“ Nichts. Ich stehe auf und werde sofort von der
Sonne geblendet. Genervt verziehe ich das Gesicht und kneife meine Augen zu.
Plötzlich höre ich ein lautes Scheppern, so als würde ein kleines Kind sein
verlorenes Spielzeug hektisch in einer vollen Kiste suchen. Ich gehe langsam in
die Küche. Meine grinsende Oma steht mitten im Raum und neben ihr auf dem Tisch
sind zwei große Eisbecher. Sie gibt mir einen und sagt: „Heute lassen wir
Arbeit Arbeit sein und genießen das Leben! Bei diesem drückenden Wetter kann
sich doch keiner konzentrieren.“ Ich lächele sie an und gehe mit ihr zufrieden
zum Sofa.
von Elina Göhrmann
Mitnehmen oder nicht mitnehmen? Genervt stecke ich zum
dritten Mal meine Jacke in meine Tasche und verlasse die Wohnung. Es ist 10 Uhr
morgens, die Sonne scheint fröhlich durch mein Fenster und trotzdem kann ich
mich nicht dazu überwinden sie daheim zu lassen. So geht es mir jedes Jahr im
Frühsommer. In meinem Kopf gibt es keine vier Jahreszeiten, sondern acht. In
diesen weiteren vier kann ich mich einfach nicht entscheiden, auf welche sich
mein Körper eigentlich einstellen soll. Als ich dieses Mal aus der Haustür
trete, schlägt mir Hitze entgegen. Ich weiß jetzt schon, dass mein Kopf in spätestens
drei Stunden protestierend pochen wird und sehne mich nach dem gestrigen
Wetter: 12 Grad und leichter Nieselregen. Das Wetter kann sich nicht
entscheiden, mein Körper kann sich nicht entscheiden, nur meine Musik wird
jedes Mal auf die kommende Jahreszeit eingestellt. In dieser Zeit, in der ich
umsonst Jacken herumschleppe oder in meinen zu früh angezogenen Sandalen kalte
Füße bekomme, können mir diese kleinen grünen Ohrstöpsel und mein iPod die
Laune retten. In meinem iTunes sind Listen abgespeichert, die eigens dafür
zusammengestellt wurden: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und da ist es
ganz egal, ob es sich um Rock, Pop, Rap oder Techno handelt. Sogar Lieder aus
meiner Kindheit haben sich dazwischen geschlichen. Denn das, was sie alle
gemeinsam haben: Sie bringen meinen Kopf dazu sich auf die kommende Jahreszeit
einzulassen. Mein Tipp für diesen Frühsommer: Wise Guys – Jetzt ist Sommer.
von Yasemin Rittgerott
Früher waren Sommer magisch. Sie waren geprägt von
Unbeschwertheit. Man konnte ohne schlechtes Gewissen einfach mal wochenlang mit
nichts tun verbringen. Heute ist das nicht mehr so leicht. Klausuren Phase und
Hausarbeiten fallen genau in diese Zeit und dann ist da auch noch der
Nebenjob... Zeit für ein bisschen Magie ist knapp, dafür aber auch umso
kostbarer. Das kühle Feierabendbier mit Freunden im Park fühlt sich befreiend
an und das Musik-Festival wie ein Kurzurlaub. Im Schatten auf der Wiese am See
liegend fühlen 30°C sich auch gleich ganz anders an, als hinterm Schreibtisch.
Als Kind war man zu abgelenkt damit sich voll und ganz dem Sommer hinzugeben,
als dass einem aufgefallen wäre, wie ätzend Schwitzen eigentlich ist oder wie
wenig Trend es sein sollte Jeans Shorts zu tragen, die weniger vom weißen
Hinterteil bedecken als eine Bikinihose. Sommer als Jahreszeit ist definitiv
nicht meine liebste Zeit im Jahr. Ich kann mit Hitze nicht viel anfangen, alles
klebt und klebt und klebt. Nur durch das wärmere Wetter kann man endlich nach
langer Zeit wieder den eigenen vier Wänden entfliehen und das ein oder andere
Abendteuer erleben. Es ist eine Zeit, in der man wieder viel mehr von seinen
Freunden aus der Heimat sieht; ob das nun zu Hause auf einem Schützenfest oder
irgendwo in Deutschland auf dem Campingplatz des gemeinsamen Lieblingsfestivals
ist. Der Zauber des Sommers ist nicht verflogen, er ist nur von manchen
Lebenslagen aus schlecht zu sehen. Stattdessen blickt man auf vom Schweiß
glänzende Haut der vorm Fenster vorbeikommenden Leute und wünscht sich auch
endlich das magische Glitzern der Sonne auf der Haut zu spüren.
von Tassia Weimann
Die Beine nah an den Oberkörper gezogen sitze ich am Boden
des Universitätsgeländes. Die Hitze staut sich, wie in einem Kessel. Die
kleinen Bäume tragen endlich grüne Blätter an ihren Kronen. Und ich grinse in
mich hinein. Endlich kurze Hosen tragen, keine Jacke mitschleppen, mit Eis am
Fluss sitzen. Es wird Sommer! Und mein kleines Sommermädchenherz genießt jeden
Sonnenstrahl, jedes Eis, jeden Spritzer Wasser der im Freien auf meine Haut
gelangt. Und in mir beginnt die Vorfreude auf das, was noch vor mir liegt.
Weinfeste mit Konzerte an der frischen Luft, bei denen wir über die gesamte
Stadt blicken und es sich anfühlt wie Urlaub. Nachmittage am See, wenn die
Sonne auf unsere Haut fällt und das Wasser, das einzige ist, was die Hitze
ertragbar macht. Barfuß nach Hause laufen in lauen Sommernächten, wenn wir den
ganzen Abend Wikingerschach spielten. Sommer ist die Zeit des Wiedersehens, des
Besuchens, des „spontan auf ein Bier“-Treffens. Die Zeit, wo alle ihren Kopf
aus ihrem Schneckenhaus strecken und sich in den Armen liegen. Da werden die
Tage, die ich lernend in der 38 Grad heißen Dachgeschosswohnung verbringen
werde, zur Nebensache. Alles ist einfach im Sommer besser zu ertragen. Denn
sobald ich morgens die Schlafzimmertür zum Wohnzimmer öffne und mich statt
einem finsteren Nebelmeer, die Sonne begrüßt, kann der Tag nur großartig
werden.
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