von Elina Göhrmann
„So ein
schöner Knopf“, wird Madame Taylor häufig angesprochen und die Leute zeigen
dabei auf mich.
Meistens
platze ich dann fast vor Stolz, aber das war nicht immer so.
Ich will
euch eine Geschichte erzählen: Ich war damals noch ein kleiner Knopf, auch wenn
ich meine endgültige Größe schon erreicht hatte. Schwarz und einfach war ich
und hatte vier kleine Löcher in meiner Mitte. Als meine Mutter an eine nette
Dame verkauft wurde, gab sie mir einen Rat mit auf den Weg: „Kind“, sagte sie.
„Wenn du dir einen Schneider suchst, dann ist nur eines wichtig: Nimm dir
keinen Stümper.“
Natürlich
wusste ich damals alles besser: Niemals würde ich einen Stümper nicht von einem
Naturtalent unterscheiden können. Und so kam es, wie es kommen musste. Eines Tages
entdeckte ich einen Mann, nur wenige Schritte von meinem Schaufenster entfernt,
der eine Nadel an seinem Hut stecken hatte. Glänzend präsentierte ich mich,
legte meine Schokoladenseite nach oben und war mir sicher, dass er nicht an mir
vorbeigehen konnte. Tatsächlich blieb er stehen. Und nur wenige Augenblicke
später, wanderte ich mit einigen anderen Knöpfen von einer Hand in die seine.
In den
nächsten Tagen wartete ich auf meinen Einsatz, der dann auch bald kam. Doch was
war das? Mit einer viel zu großen Nadel fuhr mein Schneider immer und immer
wieder durch meine Löcher, spannte den Faden, lockerte ihn wieder. Dann riss
eben dieser und das Ganze ging von vorne los. Als ich endlich an dem Mantel angebracht
worden war, war ich zerkratzt und fühlte mich überhaupt nicht mehr schön. Der
Mantel ging an eine ältere Dame mit schneeweißer Dauerwelle, die freundlich
redend die Ladenglocken bimmeln ließ. Ich versuchte mich so gut es ging in den
Falten des Stoffes zu verstecken, um ihr nicht mein geschundenes Antlitz zu zeigen
und so vergingen wieder ein paar weitere Tage bei ihr Daheim. Bis ich mich, wie
schon geahnt, wieder vom Faden löste und klackend über den Fußboden rollte. Die
alte Dame sah mich und hob mich auf. Ich hörte nur ihr Seufzen und schämte mich
noch mehr. Und war ganz überrascht als ich in ihren Worten die meiner Mutter
wiedererkannte. „Ach kleiner Knopf, du hast dir wohl einen Stümper als
Schneider gesucht.“ Ehe ich mich versah, saß sie in einem Sessel, holte Kleber
und eine Perle hervor und setzte sie mir auf meine Mitte. Von den Löchern war
nichts mehr zu sehen – nur ein kleiner, schwarzer Rand lugte noch unter der
Perle hervor. „Jetzt bist du schön“, sagte sie und schenkte mir ein Lächeln.
So hatte ich
das Glück an Madame Taylor zu geraten, die ein Händchen für Veränderungen
hatte. Und so gelangte ich an meinen Platz an ihrem dunkelblauen Hut, wo ich
das Band ziere. Ihr seht: Es läuft nicht immer so, wie man am Anfang denkt,
aber man kommt immer zu einem Ziel.
von Jonas Gadomska
„Das ist eine lange Geschichte", antwortete er. Ich
mochte es, wenn LeBouton von seinen Erlebnissen erzählte. Es kam mir immer so
vor, als würden uns seine Erzählungen die Pforte zur Ferne öffnen und die
anderen Knöpfe hier im Nähkasten zurücklassen. Ich genoss es regelrecht ihm zu
zuhören, obwohl ich manchmal an seinen fantastischen Geschichten zweifelte. „LeBouton?",
fragte ich. Er lehnte sich gegen ein Wollknäuel. „Ah oui, lass uns
beginnen!", versuchte er mit einem schlechten französischen Akzent zu
sagen. „Nachdem mein Vetter DuBouton aus der Provinz Ouest-de-la-couture seine
Cousine geheiratet hatte, ging es, wie damals üblich, auf eine traditionelle
Schifffahrt. Da bei dieser Tradition nur die Herren der Bouton Familie
teilnahmen und mein Vetter frisch vermählt war, befand sich die Stimmung auf
dem Höhepunkt. Doch plötzlich ruckelte und polterte es. Wir liefen auf das
Zwischendeck, um zu gucken was passiert war. Knopffressende Riesenwollknäuel.
Nachdem ich meine Waffe gezuckt hatte um mutig in die Schlacht zu ziehen, waren
alle Boutons schon von den Knopffressern verschlungen worden. Der Gefahr
bewusst, stürzte ich mich in die Schlacht", nun schwieg er. „Und dann,
LeBouton, was war dann?“, frage ich ihn bestürzt. „Dann? Öhm, ja dann gewann
ich und rettete meine Familienmitglieder, überlebte ein Schiffsunglück und die
großen Knopfkriege." Erschöpft sackte er zurück. „Danke LeBouton!", sagte ich und legte
mich hin.
von Yasemin Rittgerott
In den langen Jahren meines kleinen Knopfdaseins, war
icheigentlich immer sehr zufrieden. Die Familie in der ich als Erbstück immer
an die älteste Tochter weitergegeben werde, hat mich immer gut behandelt. Zwar habe
ich noch nie ein Kleidungsstück geziert, aber ich habe das Gefühl, das könnte
sich bald ändern. Seit kurzem bin ich im Besitz von Shaniqua. Noch versteckt
sie mich in einem mit Samt ausgeschlagenen Kästchen unter ihrem Bett, aber ich
weiß, sie hat großes mit mir vor. Ich habe lange gewartet und gehofft, dass ich
eines Tages eine große Aufgabe erfüllen würde. Und nun ist es bald soweit. Seit
Wochen näht Shaniqua nun schon an diesem wundervollen Cape. Es ist aus diesem
seidig, fließenden Stoff, der diesen silbernen Schimmer trägt. Es ist für die
Prinzessin bestimmt und ich soll es zusammenhalten. Wenn ich daran denke, werde
ich ganz aufgeregt. Was für eine Ehre, dafür hat sich das Warten wirklich
gelohnt. Schon ein paar Mal hat Shaniqua mich hervorgeholt und mich an das Cape
geheftet, um zu schauen, ob schon alles passt. Aber bis heute gab es immer noch
etwas zu verbessern. Doch jetzt hat sie eine Nadel mit einem ebenso silbern
schimmernden Faden, wie das Cape, in der Hand und ich weiß, es ist so weit. Als
ich endlich festsitze, strahle ich mehr, als je zuvor. Besser kann es doch
keinen Knopf treffen!
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