Mittwoch, 14. August 2013

Prinseite August 2013 / Wiedersehen

von Tassia Weimann

Ich stehe am Bahnhof in Solothurn in der Schweiz und warte. Warte darauf, dass die Sehnsucht endlich kurzzeitig ein Ende findet. Warte darauf, dass ich dich endlich in die Arme schließen kann. Warte. Auf dich. Mein Herz schlägt bis zum Anschlag. Der kalte Februarwind lässt meinen Kopf noch tiefer in den Kragen wandern. Jede Minute kommt mir so unendlich lang vor.
Wir waren noch nie solange getrennt. Zwei Monate, in denen wir uns nur per Skype sehen konnten. In denen Umarmungen, Berührungen, Alltag fehlten. In denen ich die Sehnsucht lieber wegdrückte, als sie gewinnen zu lassen. Da sie sich anfühlte wie ein riesiger Tumor, der vom Hals bis in den Bauch reichte. Und jedes Mal, wenn ich an dich dachte, meine Organe wegdrückte, so dass mir schlecht wurde. Sehnsucht ist verdammt nochmal ein schreckliches Gefühl.
Doch nun hat sie ein Ende. Als der Zug einfährt, wandert mein Blick den Bahnsteig hinauf und hinab. Wo bleibst du? Plötzlich stehst du hinter mir und meine Gefühle fahren Achterbahn. Du bist hier. Ich falle dir in die Arme.
Ich bin so aufgeregt, dass ich mich überschlage beim Reden. Ich muss dir alles erzählen. Muss dir die Stadt zeigen. Den Weg, den ich immer fahre, um in das kleine Dorf zu kommen, wo ich nun lebe. Muss dir von meiner Gastfamilie erzählen, den Kindern, wie unser heutiger Morgen so war. Dass wir sogar nachher ein paar Stunden kinderlos sind. Zeit für uns haben werden.
Ich werde erst ruhiger, als ich merke, dass sich nichts verändert hat. Wir sind immer noch wir. Und das wird wahrscheinlich auch bis zu unserem nächsten Wiedersehen in drei Monaten so bleiben. Wir schaffen das. Und ganz langsam verschwindet mein Schein-Tumor und lässt Platz fürs Glücklich sein.

von Yasemin Rittgerott

„Aufwachen, du Schlafmütze. Guck mal, wo wir sind.“ Müde reibe ich mir die Augen. Vom Beifahrersitz grinst meine Mutter mich an. Und tatsächlich da draußen ist Peine. Dass ich gleich wieder zu Hause sein werde, bedeutet auch, wieder im eigenen Bett schlafen zu können, denke ich mir, während ich ziemlich doll gähnen muss. Auch, wenn ich während der Reise ziemlich viel geschlafen habe, steckt mir die ca. 10 stündige Fahrt von England nach Deutschland doch in den Knochen.
Als wir dann durch unsere Straße auf unser Haus zu fahren, sauge ich trotzdem die Umgebung in mir auf. Es fühlt sich surreal an, wieder hier zu sein. Und doch ist alles so vertraut. Außer vielleicht der junge Typ da am Gartentor meiner Nachbarn:„Mami, ist das nicht Lennart da vorn?“ „Wer? Wo? Nein, da hast du dich verguckt, das war nicht Lennart.“, antwortet meine Mama mir etwas zu schnell. Und als meine Schwester mir, kaum, dass ich aus dem Auto gestiegen bin, mit den Worten „Komm mit in den Garten, Omi und Opi sind auch hier.“, um den Hals fällt, kann ich mir schon fast denken, dass im Garten noch ein paar mehr Leute auf mich warten. All die vertrauten, lächelnden Gesichter lassen meine Müdigkeit dann schnell verschwinden. Ein wohliges Gefühl macht sich in mir breit, dass die Aufregung aber nicht ganz verdrängen kann. Ich will allen von meinem Jahr erzählen und gleichzeitig aber auch hören, was ich alles so in der Heimat verpasst habe. Ein bisschen planlos bin ich mal hier und da, versuche in kürzester Zeit mit so vielen Leuten wie möglich so viel wie möglich zu sprechen und merke sofort, dass ob wohl ein Jahr vergangen ist und wir uns alle unabhängig voneinander verändert habe, immer noch die Vertrautheit gegenüber dem Neuen und Fremden überwiegt.
Nachdem ich spät die letzten Gäste, zu denen auch Lennart, der Überraschungscrasher zählt, zum Gartentor begleitet habe, mache ich mich schnell auf den Weg in mein Bett, in dem ich sehr glücklich und erleichtert in einen tiefen Schlaf falle.
SHARE:

Keine Kommentare

Kommentar veröffentlichen

© Wortfluss Peine
Blogger Designs by pipdig