von Julius Lütgemeier
Foto: pixabay.com |
“Und hier ist Ihr Wechselgeld.” Der Wanderer nahm das einzelne Goldstück beiläufig entgegen, während er die weitere Ware des Stands beäugte. Er spürte, dass sich etwas zwischen seinen Fingern bewegte und hätte bei dem Anblick des kleinen Drachen fast die Münze fallen gelassen. Die winzige, rot-gold geschuppte Kreatur hatte alle vier Gliedmaßen fest um das Gold geklammert. Die zerbrechlichen Flügel erinnerten mehr an eine Libelle als an einen Feuerspeier. "Was ist das denn?", fragte der Mann die Verkäuferin und versuchte, das Biest durch Wedeln abzuschütteln, was ihm ein piepsig anmutendes Fauchen und einen versucht finsteren Blick einbrachte. "Nein, nein! Münze nehmen, heißt Drachen nehmen. Er beschützt nur seinen Schatz. Jeder Drache braucht doch einen Schatz. Geben Sie's bald aus, ja? Am besten an einem anderen Stand weiter weg. Er reist gerne." Er betrachtete den neuen Begleiter auf seiner Handfläche. Dieser kringelte sich gerade, machte es sich gemütlich und stieß zufrieden einen kleinen Rauchschwall durch seine Nüstern aus. Der Mann seufzte - andere Länder, andere Riten -, öffnete seinen prallen Geldbeutel und legte vorsichtig die Münze hinein. Der Drache quiekte aufgeregt und fiel in Ohnmacht.
von Hannah Springer
Foto: Hannah Springer |
Ein komisches Gefühl,
was sich bei uns beiden in der Magengegend breitmacht. Der Andere gehörte wie
selbstverständlich zum Tag dazu. Du hast mich morgens immer geweckt, wenn ich
auch den dritten Wecker müde ausgestellt habe und ich habe dich abends so lange
mit guter Laune überschüttet bis du auch nach einem anstrengenden Tag wieder
lächeln konntest. Rückblickend finde ich es immer noch unglaublich, wie wir
zwei, zwei eigentlich so verschiedene Menschen, in den letzten 3 Monaten so
zusammenwachsen konnten.
Wir stehen uns immer
noch gegenüber und irgendwie ist es komisch zu wissen, dass alle deine Koffer
gepackt sind. Deine Schränke leer und das Bett, was immer nach dem Aufstehen im
direkten Blickfeld lag, jetzt abgezogen ist. Keiner will den Moment des
Abschieds so richtig beginnen und niemand will das letzte „Tschüss“ endgültig
sagen. Da machst du einen Schritt auf mich zu. „Ich hab da noch was für dich“,
sagst du und greifst in deine Tasche. Du legst es in meine Hand. Es ist ein
Stein, der von vielen Rillen und Maserungen durchzogen ist. Für viele wäre dies
sicher nur ein Stein, für mich ist es das Zeichen unseres Sommers- und das
weißt du. Ich lächele. Danke.
von Tassia Weimann
Foto: Tassia Weimann |
Voller Vorfreude
öffnet ein Schüler mir die Tür und lässt mich hinein. Ein Frühstück ist
vorbereitet, auf den Servierten liegen kleine Schoko-Osterküken. Die Schüler
sitzen ganz feierlich an ihren Plätzen. Der Stolz steht ihnen ins Gesicht
geschrieben. Nachdem wir die Brötchen verspeist haben, wird es ernst. Eine
Schülerin überreicht mir das selbstgemachte Bild, welches sie für mich – ganz
heimlich – gestaltet haben. Vollkommen unbemerkt blieben ihre Mühen dieses Mal
nicht, aber über das Ergebnis kann ich trotzdem staunen. Schon verrückt, wie
viel Wertschätzung darin liegt – von den Schülern, aber auch von den Lehrern.
Die Bilder
transportieren für mich so viel Positives. Sie sind ein fester Bestandteil in
meinem Zimmer – und werden später das Büro schmücken. Bis dahin machen sie mir
Mut, zeigen mir, warum ich das Ganze angefangen habe. Warum es sich lohnen
wird, das Referendariat durchzustehen. Und irgendwann werde ich selbst mit
meiner Klasse die bunte Wertschätzung an unsere Praktikanten verschenken. Das
habe ich mir fest vorgenommen.
von Mette Springer
Foto: Mette Springer |
Ich packte meinen Koffer und packte ein... ja, klar: meine Kuscheldecke.
Diese blaue
Decke mit dem hellblauen Esel drauf, ist für mich einfach ein Symbol meiner
Kindheit. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich die erste Erinnerung mit ihr hatte.
Sie war irgendwie schon immer da. Bringt Heimat und Geborgenheit an jeden noch
so unheimlichen Ort. Ich habe sie damals so gut wie auf jede Reise mitgenommen.
Heute liegt die
Decke zwischen meinen Erinnerungen in einer Kiste. Auch wenn sie dort nicht
mehr die Beachtung bekommt wie früher, vermittelt sie für mich noch immer mit
jedem Öffnen des Deckels das Gefühl von Vertrautheit.
Keine Kommentare
Kommentar veröffentlichen