von Yasemin Rittgerott
Ich habe viele
Männer geküsst. Früher oft mit spitzen Lippen, wenn beim Flaschendrehen die
Flasche nicht auf meinen Schwarm gezeigt hat. Ein paar Mal hatte ich ganz
weiche Knie voller Aufregung, Vorfreude und Erwartungen. Es gab einige sehr
feuchte Küsse mit Typen mit Waschlappenzungen. Manche Küsse waren einfach gut,
die Art von Kuss, in den man sich hineinlehnt, bei dem man alles um sich herum
vergisst. Andere waren halt OK.
Was all
diese Typen gemeinsam haben? Ich werde sie dieses Jahr nicht wieder küssen. Bei
manchen habe ich es nicht gefühlt, bei anderen war von vorneherein klar, dass
sie nicht die Richtigen waren. Und bei den wenigen, bei denen ich dachte,
sie seien es, wurde ich bitter enttäuscht, fallen gelassen. Ihre Küsse hatten
einen salzigen Nachgeschmack von den Tränen, die ich ihnen nachgeweint habe.
Die letzten
Jahre waren voll von solch falschen Küssen. Was jedoch nicht heißt, dass ich
auch nur einen von ihnen bereue. Im Gegenteil - mit jedem von ihnen habe ich
mehr gelernt, wonach ich eigentlich suche.
Aber wie
traurig wäre es bitte, wenn ich mich von solchen Rückschlägen runterziehen
lassen würde?
Deswegen
möchte ich dieses Jahr weiter küssen. Weiter die Hoffnung bewahren, irgendwann
den einen zu finden mit Küssen, die sich erst ganz vorsichtig vortasten und
sich dann aufbauen, sich leidenschaftlich zueinander lehnen. Mit albernen
Küssen, die unter leisem Kichern vor sich hin schmatzen. Küsse, die mit auch
nach dem tausendsten Mal noch Gänsehaut bringen und nur beim bloßen an sie
denken, ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
von Tassia Weimann
Januar
Ich suche
mein liebstes gelbes Washitape mit weißen Punkten raus und hefte meine
Neujahrsvorsätze an mein Bücherregal. 2015 werde ich es schaffen, sie
einzuhalten.
Februar
Durch meinen
ersten Vorsatz „ein Buch jeden Monat lesen“ schummle ich mich dank
Klausurenphase so durch. Schließlich habe ich ja zwischen den
Weihnachtsfeiertagen und dem neuen Jahr schon ein Buch gelesen – das zählt doch
oder nicht?
März
Tatsächlich
schaffe ich es regelmäßig laufen zugehen und habe mich für den Würzburger
Residenzlauf angemeldet – bald kann ich zwei Häkchen setzten!
Juni
Ich. Auf dem
Southside Festival. Nach über einem Jahr Festival-Abstinenz genieße ich das
Gefühl von Freiheit, Sommer und schwitziger Haut bei lautem dröhnendem Bass in
meinem Herzen. Das Leben ist wunderschön!
Dezember
Irgendwann
im Laufe des Jahres habe ich meine Vorsätze aus den Augen verloren. Der Zettel
hängt immer noch am Bücherregal und wurde sogar gut abgearbeitet. Doch
irgendwann zwischen April und November wurden all diese Vorsätze immer
nebensächlicher. Den einen Monat habe ich vier Bücher hintereinander
verschlungen. Einfach weil Zeit dafür war und weil ich es wollte. Andererseits
las ich den anderen Monat kein einziges, weil ich mit Reisen, Leben und anderem
beschäftigt war. Ich liebe Vorsätze. Vorsätze lassen uns am Anfang des Jahres
darüber philosophieren, was uns wahrscheinlich dieses Jahr glücklich machen
wird. Und dann lassen wir es passieren. Und manchmal sind alle Häkchen gesetzt
und wir können stolz auf uns sein. Und ein anderes Mal passiert etwas total
Unvorhergesehenes, was all die Vorsätze in den Schatten stellt.
von Jonas Gadomska
„Nun ist es schon mindestens acht Stunden her“, höre ich
mich leise sagen, „acht Stunden 2015.“ Meine durchnässten Schuhe schleifen über
den Boden. Über einen Boden bedeckt mit Böllerresten, Raketenkappen und leeren
Batterien – Müll. Wenn der Müll vom letzten Jahr schon vor meinen Füßen liegt
und das alte Jahr hinter sich gelassen hat, bin ich dann auch schon in 2015
angekommen? Geburtstage, Schule, Ferien – ein Jahr im Schnelldurchlauf. Dann
die Gedanken, Vorsätze fürs neue Jahr. Der Gedanke an meine Jahresvorsätze
lässt mich lächeln, wie immer, wenn ich an etwas Schönes denke. Zu schön für
die Wirklichkeit? Die Schule beenden und auf eine Neue gehen. Neue Leute
kennenlernen, dadurch neue Bekanntschaften knüpfen aus denen sich neue
Freundschaften entwickeln. Neue Aufgaben und Probleme bewältigen. Einfach alles
Neue gut überstehen. Und wie immer fühle ich, dass du am Ende mein größter
Wunsch und mein schönster Vorsatz bist. Der, der mich immer wieder zum Lächeln
bringt und der alles andere als neu ist.
von Elina Göhrmann
Ich sehe die bunten, brennenden Funken am dunklen
Nachthimmel explodieren. Wie ein Gemälde aus tanzenden Lichtern sieht es dort
oben aus und wie jedes Jahr entsteht in mir das Gefühl, dass etwas Neues
anfängt. „2015“, schießt es mir durch den Kopf. „Das ist das erste Bild vom
Jahr 2015.“ Über gute Vorsätze mache ich mir schon lange keine Gedanken mehr:
man vergisst sie über das Jahr hinweg sowieso oder schiebt sie immer wieder
auf, bis wieder Dezember ist. In dem farbigen Gewitter über mir sehe ich
stattdessen Bilder aus meiner Fantasie. Was alles so ansteht im Jahre 2015:
Vielleicht schaffe ich es mal wieder zum Deichbrand-Festival, ich werde mich
mit meinen Freunden verzweifelt in die Klausuren stürzen und mit ihnen die
Abende lachend ausklingen lassen. Mir wird bestimmt auch etwas Peinliches
passieren und neue Bekanntschaften werden auch dazugehören. In mir steigt
Vorfreude empor, Vorfreude auf den bunten Mischmasch an Gefühlen, welcher mich erwartet.
Und dafür brauche ich keinen Plan, nur eine einzige Regel: Ich werde ich selbst
bleiben. Denn eigentlich kann nichts wichtiger sein, als dass ich auf das Jahr
zurückblicke und weiß, dass ich nur Sachen getan habe, die sich für mich
richtig angefühlt haben. Dass ich zwar Ratschläge angehört und beherzigt habe,
aber niemand Entscheidungen für mich getroffen hat. Dass ich mich nicht
beeinflussen lassen habe.
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