Donnerstag, 27. September 2018

Prinseite September 2018 / Wesen(tlich)

Foto: Lizenzfreies Bild von Pixabay

von Tassia Weimann

Deine schwarze Nase ist beige-gefleckt als du zu mir aufblickst. Sie wackelt in freudiger Erregung, die braunen Knopfaugen auf den Ball gerichtet. Du sitzt so gerade da, dass es mich nicht überraschen würde, wenn du hinten überkippst vom lauter „richtig machen“-Wollen. Der Ball fliegt ins Wasser und du geradezu hinterher. Das Meer und der Sand bleiben noch länger an dir haften, auch wenn du schon zufrieden eingerollt im warmen Zimmer liegst.
Schon in den ersten fünf Minuten unseres gemeinsamen Lebens hattest du mich erobert. Als dein schwarzer Kopf sich auf meinen Beinen abgelegte und du einschliefst. Wahrscheinlich mit genauso klopfenden Herzen wie ich. Meins, weil ich das erste Mal wirklich Verantwortung für jemand anderes übernehmen würde und deins, weil es schon wieder zu jemanden anderes ging. Aber wir haben unsere klopfenden Herzen beruhigt, denke ich. Du läufst mir nur noch ab und zu in der Wohnung nach. Und ich habe nicht bei jeder deiner Zuckung Angst, es könnte etwas Neurologisches sein.
Ich verdrehe die Augen, wenn Leute sagen, dass dieser oder jener Hund genauso aussieht wie du, nur weil er auch schwarz ist. Manchmal stimmt es vielleicht, aber doch sind sie alle nicht mein kleines Hundemädchen, die ich doppelt so gerne habe, wie ich sie manchmal zum Pfeffer wünschen würde. Wenn du dich in dem toten Frosch wälzt oder 5 Minuten austestest, ob ich „Platz“ wirklich ernstgemeint habe. Aber dann liegst du neben mir im Auto und dockst deinen Kopf auf meinen Schoß an und plötzlich stören mich Wasser und Sand nicht mehr. Und ich akzeptiere mein Schicksal als verrückte alte Hunde-Lady.

von Niklas Stuhr

Auf die Haltung achten, Flügel gerade. Sichere Landung. Endlich wieder in der gewohnten Umgebung, in der man alles kennt wie seine Westentasche. Was auch immer das ist. Jetzt brauche ich erstmal eine kleine Entspannungsphase, ich glaube heutzutage nennt man das Selfcare. Doch ich sehe etwas in der Entfernung und es zieht mich magisch an. Ich muss näher ran. Je näher ich komme, desto mehr wird mir klar, was mein Auge da erspäht hat. Ich kann meine Aufregung kaum noch halten und fange an zu rasen, so schnell wie ich kann. Ich stoppe ein paar Zentimeter vor dem Objekt und kann es kaum fassen. Niemand scheint es sonst gesehen zu haben, also muss ich es mir schnell unter den Nagel reißen. Ich verschlinge es so schnell es geht. So ein tolles Stück Brot ist einfach das Beste, was es auf der Welt gibt. Und sofort kommt das nächste Stück geflogen. Schade, dass ich eigentlich gar kein Brot essen darf, da es für mich tödlich sein kann, wenn es schon zu lange rumliegt. Das Leben als Ente ist eben doch nicht immer so toll, wie es von außen aussieht. Aber meistens schon. Oh, dahinten schwimmt was Interessantes.

von Leonie Backhaus

Ich ziehe meine Kreise am Himmel und fühle mich dabei so frei und schwerelos. Unter mir das grüne Gebirge mit samt seinen Felsspitzen, Bäumen und Bächen. Eine wunderschöne Aussicht von hier oben. Mein braunes Gefieder bringt mich überall hin, nichts ist unmöglich. Ich nutze die Strömungen des Windes und fliege höher und höher empor. Stets der Sonne und der Unendlichkeit entgegen. Dabei fallen die Sonnenstrahlen auf mein Gefieder hinab. Ich schließe die Augen und fange die Wärme der Strahlen ein. Mein ganzer Körper wird durchflutet von dieser Wärme und ich genieße einfach diesen Moment und das Gefühl der Freiheit. Dann werfe ich wieder einen Blick um mich herum und betrachte die kristallklare Welt vor meinen Augen. Alles ist so intensiv, so messerscharf und schön zugleich. Nun bekomme ich langsam Hunger und fliege etwas tiefer. 300 Meter von einem Feld entfernt halte ich Ausschau nach meiner Beute. Und tatsächlich, ich habe eine Maus entdeckt. Ich mache mich zum Sturzflug bereit und fliege zielgerichtet auf meine Beute zu. Und zack, da habe ich sie auch schon! Gut gesättigt widme ich mich jetzt wieder meiner Lieblingsbeschäftigung: dem Fliegen.

von Hannah Springer

Kinderlachen um mich herum. Sie spielen fangen, verstecken oder pflücken Gras um ihre Stofftiere zu füttern.
Ich sitze mitten drin und versuche zumindest ein wenig die Kontrolle über den bunten Haufen zu behalten. Einer der Kleinen läuft auf mich zu. Ein blonder Junge um die fünf Jahre alt. Er kniet sich neben mich ins Gras und fragt, ob ich ihm helfen kann sein Kuscheltier zu füttern. Es hat sehr Hunger.
Natürlich helfe ich ihm. Schweigend sitzen wir da, nebeneinander und pflücken Halm für Halm für seinen kleinen Kuschelfreund: Ein rosa, rot gestreifter Regenwurm.
„Weißt du was?“, sagt er irgendwann und blickt mich an. „Wenn ich groß bin, werde ich auch ein Regenwurm.“ Ich schaue ihn lachend an: „Das ist ja cool, warum das denn?“
„Weil ich dann nie groß werden muss. Die bleiben immer klein und können immer draußen spielen und streiten tun die sich auch nicht.“
Er drückt seinen kleinen Freund an sich. Ich lächele: Ein guter Plan. Vielleicht wäre das für den ein oder anderen von uns Großen auch die bessere Wahl gewesen.

SHARE:

Keine Kommentare

Kommentar veröffentlichen

© Wortfluss Peine
Blogger Designs by pipdig