von Jonas Gadomska
Dieses Klicken. Nächste Seite. Ich weiß nicht wie lange ich
schon vor dem Bildschirm meines Computers sitze, mindestens 15 Minuten. Meine
Langeweile vermischt sich mit der, von meinen Eltern geerbten politischen
Begeisterung zu einem ungewohnten Gefühl. Etwas Verwunderung und Enttäuschung
verzieht meinen sonst so toleranten und wohlwollenden Gesichtsausdruck, als ich
die rechtsextremen Aussagen zur Gleichberechtigung Homosexueller lese.
Solche Überlegungen stehen meiner Meinung nach nicht zur Debatte, da Homosexuelle
normale Menschen sind, die in einem freien Land leben und das Recht haben, ihr
Leben so zu leben wie jeder andere auch. Außerdem verabscheue ich rechtes
Gedankengut und deren Folgen. Trotz meiner Aufgeregtheit bin ich froh, dass es
diesen Politiktest gibt, da ich mir nicht vorstellen kann, welche Partei
ich bald wählen soll. Ich finde nicht, dass man sich auf das Ergebnis dieses
Testes fixieren sollte, dennoch würde ich mich, wenn ich jetzt wahlberechtigt
wäre, von dem Ergebnis beeinflussen lassen. Nun bin ich auf der letzten
Seite angekommen. Mir schießen dutzende Gedanken durch den Kopf: Wie wird das
Ergebnis aussehen? Wird es mir helfen oder werde ich mich dagegen entscheiden?
Und...? Ein Sozialdemokrat! Nun fällt mir die Aufregung von den Schultern und
ich bin erleichtert. Der Politiktest – Was für eine tolle Erfindung!
von Tassia Weimann
Stirnrunzelnd, blicke ich auf das Ergebnis des Wahl-O-Mat.
Die ersten beiden Parteien, die ich mit knapp 79% oder 75% wählen könnte,
passen überhaupt nicht in mein Weltbild. Weder Piraten noch die Linken würde
ich im Endeffekt in ein paar Wochen wählen. Und somit hat dieser Test doch
schon keine Bedeutung mehr oder? Für mich jedenfalls, als doch recht
hinterfragende und kritische Person bleibt dieser Test einfach nur eine Suche
nach Bestätigung meiner eigentlichen Auswahl. Und die beschränkt sich nun mal
auf gerade mal zwei Parteien. Die wenigstens auf Platz 3 und 4 liegen. Aber
warum nicht eins und zwei wählen? Weil ich mich vorher – sei es damals im
Politikunterricht oder auch zu Hause – ein wenig schlau gemacht habe. Hätte ich
das nicht, würde ich wahrscheinlich etwas wählen, was nicht wirklich meiner
Meinung entspricht. Denn ich stimme ja auch mit 57,1 Prozent Pro Deutschland
und der NPD zu, obwohl ich zum Beispiel das Adoptionsrecht für Homosexuelle und
das Parteiverbot als besonders wichtig markiert habe. Ich würde also nicht
behaupten, ich hätte zu über 50% das Gedankengut der Neonazis angenommen,
sondern Pro Deutschland und die NPD haben sich einfach den Fragenstellungen angepasst.
(Welches übrigens bei vielen meiner Freunde ebenfalls der Fall war.) Das
wirklich Interessante am Wahl-O-Mat sind für mich die Beantwortungen der Thesen
am Ende des Testes, wenn man sich nochmal ansehen kann, was welche Partei dazu
zu sagen hat. Denn genau das fehlte mir am Anfang der Tests. Wer kann schon
behaupten, er sei über all die Fachgebiete genauestens informiert. Im
Politikunterricht habe ich sicherlich mal über die Regulation des Marktes
gehört. Aber wäre das nun schlecht oder gut für den Strompreis? Jedenfalls habe
ich noch eine vage Erinnerung, dass eine starke Regulierung nicht besonders gut
sei. Aber wie gesagt, eben nur vage. Würden man den ausformulieren Antworten der
einzelnen Parteien bereits am Anfang zu- oder nicht zustimmen können, wäre für
mich ein wenig mehr Klarheit gegeben und man könnte der Manipulation einiger
Parteien ein wenig entgegensteuern. Der Test ersetzt für mich auf jeden Fall
nicht weitere Informationsbeschaffungen. Ich hoffe mal, dass sich andere auch
dieser Verantwortungen bewusst sind und sich nicht blind auf irgendwelche
Testergebnisse verlassen.
von Elina Göhrmann
Lange Version oder kurze Version? Schon bei der Frage könnte
ich den Kopf schütteln. Wozu gibt es einen Test, wo man nur zwanzig statt
fünfzig Fragen beantworten muss? Dann müsste man schließlich gar nicht erst so
etwas durchführen. Na klar, Zeit spielt immer eine Rolle, aber ich selbst bin
eher der „ganz oder gar nicht“-Typ und klicke auf die lange Version. Und schon
kurz darauf wird mir klar, dass ich wirklich nicht der Mensch für Politik bin,
wirklich nur sehr wenig Ahnung habe und bei einigen Fragen nicht weiß, was ich
anklicken soll. Stimme ich voll zu oder nur ein wenig? Meinen die Ersteller die
Frage wirklich so, wie ich sie aufnehme oder ganz anders? Jedes Mal, wenn ich
mir nicht sicher bin, klicke ich lieber das an, was weniger Wichtigkeit hat –
denn wäre es so wichtig für mich, müsste ich mir ja sicher sein. Oder? Dieses
'oder' denke ich, während ich den Test mache, ziemlich oft, was mich ziemlich
verunsichert. Schließlich sollte mir das Ganze ja eigentlich dabei helfen,
herauszufinden, was ich wählen sollte. Und auch als ich das Ergebnis schwarz
auf weiß habe, fühle ich mich noch nicht überzeugt. Sozialdemokratische
Weltbürgerin. Unten drunter Prozentzahlen der einzelnen Charakterzüge. 38
Prozent pazifistisch(*) und 23 Prozent anthropozentrisch(**) stehen unter
anderem da und als Erstes brauche ich Google, um überhaupt zu verstehen, was
das Ergebnis mir mitteilen soll.
Aus purer Neugierde mache ich auch noch den kurzen Test –
die Fragen sind dieselben, nur, dass einige heraus gekürzt worden sind. Das
Prinzip, ebenso wie die Zweifel, sind auch hierbei vertreten.
Sozialdemokratische Kosmopolitin steht dieses Mal auf dem Bildschirm. Die
Prozentzahlen sind jedoch in einigen Bereichen unterschiedlich, wie zum
Beispiel bei 'laizistisch(***)' um lockere 22 Prozent. Egal, ob bei beiden
Tests das 'Sozialdemokratische' vorne stand, als Hilfe sehe ich diesen Test auch
im Nachhinein nicht an. Dann setzte ich doch lieber auf das normale Informieren
per Medien. Und auf das eigene Entscheiden, ohne unsichere Antworten bei einem
Test.
* Krieg prinzipiell ablehnend
** den Menschen in den Mittelpunkt stellend
*** strenge Trennung von Staat und Kirche
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