Mittwoch, 4. September 2013

Printseite September 2013 / Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2013

von Jonas Gadomska

Dieses Klicken. Nächste Seite. Ich weiß nicht wie lange ich schon vor dem Bildschirm meines Computers sitze, mindestens 15 Minuten. Meine Langeweile vermischt sich mit der, von meinen Eltern geerbten politischen Begeisterung zu einem ungewohnten Gefühl. Etwas Verwunderung und Enttäuschung verzieht meinen sonst so toleranten und wohlwollenden Gesichtsausdruck, als ich die rechtsextremen Aussagen zur Gleichberechtigung Homosexueller lese. Solche Überlegungen stehen meiner Meinung nach nicht zur Debatte, da Homosexuelle normale Menschen sind, die in einem freien Land leben und das Recht haben, ihr Leben so zu leben wie jeder andere auch. Außerdem verabscheue ich rechtes Gedankengut und deren Folgen. Trotz meiner Aufgeregtheit bin ich froh, dass es diesen Politiktest gibt, da ich mir nicht vorstellen kann, welche Partei ich bald wählen soll. Ich finde nicht, dass man sich auf das Ergebnis dieses Testes fixieren sollte, dennoch würde ich mich, wenn ich jetzt wahlberechtigt wäre, von dem Ergebnis beeinflussen lassen. Nun bin ich auf der letzten Seite angekommen. Mir schießen dutzende Gedanken durch den Kopf: Wie wird das Ergebnis aussehen? Wird es mir helfen oder werde ich mich dagegen entscheiden? Und...? Ein Sozialdemokrat! Nun fällt mir die Aufregung von den Schultern und ich bin erleichtert. Der Politiktest – Was für eine tolle Erfindung!

von Tassia Weimann

Stirnrunzelnd, blicke ich auf das Ergebnis des Wahl-O-Mat. Die ersten beiden Parteien, die ich mit knapp 79% oder 75% wählen könnte, passen überhaupt nicht in mein Weltbild. Weder Piraten noch die Linken würde ich im Endeffekt in ein paar Wochen wählen. Und somit hat dieser Test doch schon keine Bedeutung mehr oder? Für mich jedenfalls, als doch recht hinterfragende und kritische Person bleibt dieser Test einfach nur eine Suche nach Bestätigung meiner eigentlichen Auswahl. Und die beschränkt sich nun mal auf gerade mal zwei Parteien. Die wenigstens auf Platz 3 und 4 liegen. Aber warum nicht eins und zwei wählen? Weil ich mich vorher – sei es damals im Politikunterricht oder auch zu Hause – ein wenig schlau gemacht habe. Hätte ich das nicht, würde ich wahrscheinlich etwas wählen, was nicht wirklich meiner Meinung entspricht. Denn ich stimme ja auch mit 57,1 Prozent Pro Deutschland und der NPD zu, obwohl ich zum Beispiel das Adoptionsrecht für Homosexuelle und das Parteiverbot als besonders wichtig markiert habe. Ich würde also nicht behaupten, ich hätte zu über 50% das Gedankengut der Neonazis angenommen, sondern Pro Deutschland und die NPD haben sich einfach den Fragenstellungen angepasst. (Welches übrigens bei vielen meiner Freunde ebenfalls der Fall war.) Das wirklich Interessante am Wahl-O-Mat sind für mich die Beantwortungen der Thesen am Ende des Testes, wenn man sich nochmal ansehen kann, was welche Partei dazu zu sagen hat. Denn genau das fehlte mir am Anfang der Tests. Wer kann schon behaupten, er sei über all die Fachgebiete genauestens informiert. Im Politikunterricht habe ich sicherlich mal über die Regulation des Marktes gehört. Aber wäre das nun schlecht oder gut für den Strompreis? Jedenfalls habe ich noch eine vage Erinnerung, dass eine starke Regulierung nicht besonders gut sei. Aber wie gesagt, eben nur vage. Würden man den ausformulieren Antworten der einzelnen Parteien bereits am Anfang zu- oder nicht zustimmen können, wäre für mich ein wenig mehr Klarheit gegeben und man könnte der Manipulation einiger Parteien ein wenig entgegensteuern. Der Test ersetzt für mich auf jeden Fall nicht weitere Informationsbeschaffungen. Ich hoffe mal, dass sich andere auch dieser Verantwortungen bewusst sind und sich nicht blind auf irgendwelche Testergebnisse verlassen.

von Elina Göhrmann

Lange Version oder kurze Version? Schon bei der Frage könnte ich den Kopf schütteln. Wozu gibt es einen Test, wo man nur zwanzig statt fünfzig Fragen beantworten muss? Dann müsste man schließlich gar nicht erst so etwas durchführen. Na klar, Zeit spielt immer eine Rolle, aber ich selbst bin eher der „ganz oder gar nicht“-Typ und klicke auf die lange Version. Und schon kurz darauf wird mir klar, dass ich wirklich nicht der Mensch für Politik bin, wirklich nur sehr wenig Ahnung habe und bei einigen Fragen nicht weiß, was ich anklicken soll. Stimme ich voll zu oder nur ein wenig? Meinen die Ersteller die Frage wirklich so, wie ich sie aufnehme oder ganz anders? Jedes Mal, wenn ich mir nicht sicher bin, klicke ich lieber das an, was weniger Wichtigkeit hat – denn wäre es so wichtig für mich, müsste ich mir ja sicher sein. Oder? Dieses 'oder' denke ich, während ich den Test mache, ziemlich oft, was mich ziemlich verunsichert. Schließlich sollte mir das Ganze ja eigentlich dabei helfen, herauszufinden, was ich wählen sollte. Und auch als ich das Ergebnis schwarz auf weiß habe, fühle ich mich noch nicht überzeugt. Sozialdemokratische Weltbürgerin. Unten drunter Prozentzahlen der einzelnen Charakterzüge. 38 Prozent pazifistisch(*) und 23 Prozent anthropozentrisch(**) stehen unter anderem da und als Erstes brauche ich Google, um überhaupt zu verstehen, was das Ergebnis mir mitteilen soll.
Aus purer Neugierde mache ich auch noch den kurzen Test – die Fragen sind dieselben, nur, dass einige heraus gekürzt worden sind. Das Prinzip, ebenso wie die Zweifel, sind auch hierbei vertreten. Sozialdemokratische Kosmopolitin steht dieses Mal auf dem Bildschirm. Die Prozentzahlen sind jedoch in einigen Bereichen unterschiedlich, wie zum Beispiel bei 'laizistisch(***)' um lockere 22 Prozent. Egal, ob bei beiden Tests das 'Sozialdemokratische' vorne stand, als Hilfe sehe ich diesen Test auch im Nachhinein nicht an. Dann setzte ich doch lieber auf das normale Informieren per Medien. Und auf das eigene Entscheiden, ohne unsichere Antworten bei einem Test.

* Krieg prinzipiell ablehnend
** den Menschen in den Mittelpunkt stellend
*** strenge Trennung von Staat und Kirche
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