von Tassia Weimann
Er saß in
mitten von all diesen gläubigen Leuten. Und er bewunderte sie. Sie dort in der
ersten Reihe. Mit geschlossenen Augen bewegte sie sich im Takt der Musik und streckte
ihre Hände über den Kopf gen Himmel. Er blickte sich im Raum um und wurde
erfüllt von der Wärme, die sie alle miteinander ausstrahlten. So etwas hatte er
noch nie erlebt. All diese jungen Menschen, die an dasselbe glauben. Die so
offen damit umgehen und so viel positive Energie ausstrahlen. Früher hatte er
immer nur kleinlaut zugegeben, dass er das, was im Religionsunterricht gesagt
wurde, wirklich glaubte. Dass er sich nicht nur konfirmiert ließ, weil es alle
machten oder es so viel Geld gab. Irgendwie wollte er sich zu Gott bekennen.
Und nun lernte er all diese Menschen kennen. Und er beschloss auch so zu
werden. So positiv. So voller Glauben.
Doch so
schnell die Begeisterung kam, so schnell kamen auch die ersten Zweifel.
Irgendwie war er eben doch nicht so wie sie. Er, der nur ganz nebenbei mit dem
Glauben aufgewachsen war. Und sie, die die Bibel über alles stellten. Immer
öfter musste er sich für seine Ansichten und Meinungen rechtfertigen. „Und wie
kannst du das belegen? Steht es denn in der Bibel?“ Und er konnte nur unwissend
mit den Schultern zucken. „Ich weiß nicht, ob es in der Bibel steht…“. Die
Rechtfertigungen führten dazu, dass er immer mehr an sich zweifelte. An seiner
Art zu glauben. War er überhaupt Christ, wenn er es nicht mit der Bibel belegen
konnte? Müsste er nicht die Bibel längst gelesen haben? Aber wenn er nicht
Christ war, was war er dann?
Er kehrte
der Gruppe den Rücken und dachte über sich und seinen Glauben nach. Er konnte
sich einfach nicht vorstellen nicht mehr an Jesus und Gott zu glauben. Also war
er Christ. Und wie er zu glauben hatte, dass konnte doch niemand sagen? Wer
wusste denn schon genau, was zu tun sei. Und hatte nicht schon Jesus die
Menschen, die andere verurteilten in die Schranken gewiesen? Und als er ganz
allein in seiner ehemaligen Kirche saß, schwor er sich, zu lernen selbstständig
zu glauben.
von Elina Göhrmann
Du gehst,
nein watschelst eher, auf deinen kleinen Beinen durch den Raum und strahlst
übers ganze Gesicht. Noch sind deine Finger fest um den Zeigefinger deines
Daddys geschlossen, der dich immer ein wenig hochzieht, wenn du einen Schritt
doch einmal zu schnell oder zu groß angesetzt hast. Ich muss lachen, als du ein
wenig zu überzeugt von deinen Fähigkeiten bist oder vielleicht auch wegen
deiner Neugierde den Griff deiner rechten Hand löst und sogleich auf deinen
Knien landest. Doch du weinst nicht. Kurz schaust du ein wenig erschrocken,
bevor du wieder zum Bücherregal krabbelst und dich daran hochziehst. Man sieht
deinen Eltern an, wie stolz sie auf dich sind.
Bald wirst
du anfangen ohne helfende Hände deinen ersten und zweiten Schritt vom
Bücherregal weg zu machen und dann irgendwann werden es mehr als zwei. Dann
müssen auch die Sachen, die ein wenig weiter oben im Regal stehen, vor deinen
neugierigen Händen in Sicherheit gebracht werden. Aber noch streckst du eine
Hand wie selbstverständlich in die Richtung eines Erwachsenen, wenn
du laufen willst. Und alle genießen diese Augenblicke, solange es sie noch
gibt.