von Yasemin Rittgerott
Luki ist schon seit Tagen total aufgedreht. Alles begann am
Morgen nach dem ersten Advent, als er Hannah aus dem Weg schubste, um schnellst
möglich seinen Adventskalender zu erreichen. Strahlend verkündete er ihr „Nur
noch 22 Mal schlafen!“. Sie wunderte sich zwar kurz, aber vielleicht war nun
endlich die Weihnachtsbegeisterung der restlichen Familie auf ihn übergegangen.
Manchmal saß er wie erstarrt vor der Uhr im Wohnzimmer und dann flitzte er wie
verrückt durchs Haus. Am 23. übertraf er alles, als er schon um halb 4 im
Schlafanzug sein Abendbrot hinunterschlang und dann ins Bett rannte. So
weihnachtsverrückt hatte Hannah ihren kleinen Bruder ja noch nie erlebt... Am
Morgen wurde sie durch die Stimme ihrer Mutter geweckt: „Nein, Luki, es ist
noch zu früh für Geschenke!“. „Aber Mami, es ist doch jetzt endlich
Weihnachten.“, hörte Hannah Luki leise schluchzen. Als sie ihre Zimmertür
öffnete, fiel ihr ihr kleiner Bruder weinend um den Hals: „Mama lässt mich dir
nicht mein Geschenk geben!“. Hinter seinem Rücken fing ihre Mutter an zu
lachen: „Ach, na dann gib es ihr halt jetzt schon.“ „Das haben Mama und ich am
verkaufsoffenen Sonntag zusammen gekauft.“, streckte er es ihr entgegen. „Aber
ich hab es ausgesucht!“ Hannah packte es aus und blickte auf ein fein
geschmiedetes, silbernes Armband mit einem zuckersüßen kleinen Katzenanhänger.
„Ich weiß ja, dass Katzen deine Lieblingstiere sind, deswegen hab ich gesagt,
wir nehmen den Katzenanhänger. Findest du es schön?“ sprudelte er ihr entgegen.
Hannah knuddelte Luki ganz fest und flüsterte in sein Ohr: „So ein schönes Weihnachtsgeschenk
habe ich noch nie bekommen.“
von Tassia Weimann
Ich liebe Geschenke. Aber das Problem ist, dass das nur
Kinder dürfen. Ab wann genau das Alter war, ab dem es verpönt wurde, weiß
ich leider nicht mehr. Jedoch höre ich jedes Jahr wieder aufs Neue: „Mir ist
total egal was ich bekomme. Es geht ja schließlich nicht ums Geschenke bekommen
an Weihnachten. Generell immer dieser Konsum… schrecklich. Man kann sich doch das
ganze Jahr etwas schenken, warum denn immer nur an bestimmten Tagen. Find ich
echt nicht okay, wenn man da so hinterher ist!“ Okay. Nach jedem Wort ziehe ich
mich dann immer tiefer in meinen imaginären Rollkragenpullover hinein und frage
mich, seit wann alle so pseudo-erwachsen sind. Es ist ja schließlich auch nicht
so, dass ich Konsum total toll finde. Aber ich finde es toll, dass Menschen an
einen denken. Und ja, das fände ich auch an jeden anderen Tag im Jahr schön.
Aber wie würde man sich denn fühlen, wenn alle anderen was bekommen und man
selber nicht? Blöd irgendwie, auch wenn man nicht mehr drei Jahre alt ist und
sicherlich nicht die Welt davon untergeht. Aber man freut sich über die Gesten.
Und dabei ist mir egal, ob es ein Knopf, die allseits gehassten Socken oder ein
total schönes mit Liebe gestaltetes Erinnerungsbüchlein ist. Es geht ums
Wertschätzen der Anderen und daran erfreue ich mich. Deswegen genieße ich es
jetzt auch auf meinen diesjährigen Adventskalender zu blicken, den mir eine
Freundin in der neuen Heimatstadt geschenkt hat. Der steckt nämlich auch nicht
voll von teuren Konsumgütern, sondern voller Fleiß und Liebe. Und bis
Weihnachten erfreue ich mich jeden Tag an einer Kleinigkeit bis ich ihr die
Freude daran hoffentlich an Weihnachten zurückgeben kann.
