Mittwoch, 19. Februar 2014

Printausgabe Februar 2014 / Ernst

von Elina Göhrmann

„Jetzt bleib doch einfach mal einen Augenblick ernst!" Meine Mutter hatte schon wieder die Falte auf der Stirn, die immer auftaucht, wenn sie ungeduldig wird, doch irgendwie konnte ich nicht ruhig bleiben. Ich hatte es wirklich versucht, ruhig auf dem Stuhl zu sitzen, leicht zu lächeln und zu warten, dass die Fotografin schnell das gewünschte Foto machte - doch Felix stand draußen vor dem Fenster und zog Grimassen. Und natürlich verschwand er blitzschnell, wenn meine Mutter sich umdrehte, was meinen Lachanfall nicht unbedingt verbesserte. Ich schaute zur Kamera. Die Fotografin war eindeutig geduldiger als meine Mutter und lächelte mir aufmunternd und auch leicht erheitert zu. Bloß nicht zu Felix gucken, sagte ich mir in Gedanken. Guck bloß nicht hin. Doch irgendwie huschten meine Augen wie von selbst zu ihm. Felix schielte - meine Mundwinkel zuckten schon wieder gefährlich. Dann machte er dazu noch große Augen - ich kniff meine Lippen zusammen, um das sich bildende Lachen zurückzudrängen. Felix machte einen Fischmund und vorbei war es mit meiner Ernsthaftigkeit. Kichernd hielt ich mir meinen Bauch, der langsam schon anfing weh zu tun. Meine Mutter schaute mich genervt an. „Maria..." Die Fotografin eilte zu meiner Rettung, denn selbst der drängende Tonfall meiner Mutter änderte nichts daran, dass Felix mir gerade die Zunge herausstreckte und mein Kichern sich verschlimmerte. „Ach Frau Seidel, sie wissen doch wie siebenjährige Mädchen sind. Wir bekommen das bestimmt gleich hin." Und wirklich - nach ein paar Minuten und einigen Lachanfällen hatte Felix seine Grimassenkenntnisse verbraucht und stand ratlos herum. Das Lächeln gelang jetzt endlich und nach einigem Aufblitzen war das Foto im Kasten. Schnell sprang ich auf und rannte nach draußen. „Ich kenne noch viel mehr Grimassen als du Felix!"

von Jonas Gadomska

Montags Training und Indianer, dienstags Nachhilfe, mittwochs tanzen, eine mündliche Prüfung hier und ein dreiwöchiges Praktikum dort. Mein Terminkalender ist voll, das war nicht immer so. Früher kannte ich keinen Alltagsstress und keinen Wettbewerbsdruck. Ich lebte in den Tag, hatte keine Pläne für morgen, ging einfach so in den Wald oder raus spielen. Heute kann ich mir das gar nicht mehr vorstellen, es ist halt nicht mehr so wie früher. Jetzt muss man sich schon als Jugendlicher an das Alltagsleben der Erwachsenen anpassen, hart für die Zukunft arbeiten und dem ständig steigenden Wettbewerbsdruck standhalten. Dennoch genieße ich die Pausen. Die Pausen in denen ich zum Fußball mit dem Fahrrad fahre, in denen ich zur Bushaltestelle hüpfe – Die Pausen in denen ich mich fühle wie früher. Es wird ernst, aber das hält mich nicht vom Spaß ab!

von Tassia Weimann

Wir sitzen im Garten meiner Tante und grillen, als jemand misstrauisch auf meinen Teller blickt. „Ist das Tofu?!“ „Ja, Sojabratwürstchen…“, sagte ich knapp, um dem folgenden Gespräch auszuweichen, welches sich immer ergibt. „Bist du etwa Vegetarierin?“ „Ja“. Ich bin ja schon froh, dass ich nicht vegan esse, sonst wäre der skeptische Blick jetzt noch intensiver. „Ja, aber wir waren ja schon früher Jäger und Sammler…“, fängt der Mann an mit seinem Monolog, dem ich nur noch mit halbem Ohr folge. Jedes Mal, wenn ich dieses „Gespräch“ führe, denke ich mir so „ernsthaft?!“. Ich sitze ja auch nicht dort und rede das gute Steak schlecht. Immerhin hat der gute Mann sich später auch noch nach meinen Beweggründen erkundigt.  Aber erst viel später fallen mir die wirklich guten Argumente ein, die ich dagegen hätte setzen können. Nicht immer die gängigen, wie die Massentierhaltung, sondern sowas wie „Früher haben die Leute ihre Tiere auch noch selbst getötet und ausgenommen!“ Aber will ich das? Will ich mich ständig dafür rechtfertigen, warum ich etwa nicht esse? Es wäre eindeutig einfacher, wenn ich eine Fleischallergie oder so hätte, dann würde niemand nachhaken.
Aber manche tun das auch so oder so nicht. Sie sitzen lieber wie an Silvester dort und erklären sich gegenseitig, warum sie Fleisch essen. Gut 10 Minuten fanden sie andere Formulierungen für „Ich esse Fleisch, weil ich eben Fleisch esse“. Punkt. Irgendwann wanderte der Blick zu mir, um ein kurzes „Ach du bist Vegetarierin?“ rauszubringen, welches ich durch Nicken versuchte so unauffällig wie möglich zu bejahen. Ich wartete auf die üblichen Fragen, wie „Wie lange machst du das schon?“ oder „Warum?!!!“, aber es kam nichts. Und ich blickte nur skeptisch zu Ihnen rüber und dachte „Warum rechtfertigt ihr euch gerade selber vor Gleichgesinnten? Macht ihr das auch jedes Mal, wenn ihr bei MC Donalds oder im Restaurant etwas bestellt? Das ist doch Schwachsinn!“
„Leben und leben lassen“, denke ich immer wieder. Nur ich nehme es halt noch eine Spur ernster.
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